03.08.2019 – Gründung der Kinderfeuerwehr als Reaktion auf Nachwuchsprobleme – 13 Kinder, Tendenz steigend

Dorn-Assenheim – „Täusch Dich nicht, die Kinder spielen nicht mit Mullbinden, sie lernen sogar, eine stabile Seitenlage durchzuführen“, erläutert Kinderfeuerwehrwart Joshua Scoggins und Wehrführer Boris Dönges ergänzt: „Auch die Kleinen können im Notfall helfen, den Rettungsdienst rufen oder leichte Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen.“

Mit einem vielseitigen Angebot wirbt Scoggins um Nachwuchs für die Brandschützer, setzte sich für die Gründung einer Kinderfeuerwehr ein und erarbeitete hierfür die Konzepte. Im Februar war es dann soweit: Gleich zwölf Kinder trafen sich zum Kennenlernen, erfuhren von einem Mix spannender Themen. Hierzu zählt Wissenswertes über das Element Feuer und die Arbeit der Einsatzabteilung. Sie lernen die Schutzausrüstung und Löschfahrzeuge kennen. Gefragt sind aber auch soziale Fähigkeiten oder die Integration in die Strukturen des eigenen Wohnorts. Während in der Jugendfeuerwehr Aufgaben und Techniken mit der Zielsetzung der Übernahme in die Einsatzabteilung formuliert werden, liegt bei den Kleinen der Fokus auf Spiel und Spaß. Die Kinder erfahren zudem, dass Teamwork und Hilfsbereitschaft wichtige gesellschaftliche Werte sind.

20190803 DA KiGrp 1„Kürzlich hatten wir einen Feuerwehrmann in voller Atemschutzmontur“, schwärmt einer der Jungen in Jacke und Minilatzhose. Das „rote Auto mit dem blauen Licht“ findet er cool. So streifte die Truppe zunächst auch mit Blaulicht und Sirene durch die Straßen, um anschließend das Löschfahrzeug in allen Winkeln zu inspizieren. Scoggins erklärt wo Schläuche, Pumpe oder Atemschutzausrüstung zu finden sind. Auch ihm macht es Spaß. Kreativ führt er die Kleinen an die Aufgaben heran. Wie wird eine Schlauchleitung aufgebaut, welche Strahlrohrvarianten und Hydranten gibt es. Das Löschfahrzeug dient dabei als Kulisse für Ratespiele. „Wo sind die B-Schläuche zu finden“, fragt Scoggins und die Kinder rennen zur Alurolle, die auf die korrekte Lösung hinweist. Oder er klebt Zahlen an die Rolltore des Gerätehauses, um mit dem Strahlrohr Zielgenauigkeit und Konzentration zu trainieren.

Derzeit werden die Grundlagen geschaffen, später sollen die „Älteren“ die Neulinge unterstützen. Langeweile kommt so in keiner Altersgruppe auf, im Gegenteil: das Aufbaukonzept sorgt jederzeit für neuen Schwung. „Wir müssen das von der Pike her entwickeln“, erläutert Scoggins. Bei der Brandschutzerziehung in der Kita wird er häufig gefragt: „Wann kann ich zur Feuerwehr kommen?“ Bislang gab es nur eine Antwort: „Wenn Du 10 Jahre alt bist.“ Dann startet die Jugendfeuerwehr, was für den potenziellen Nachwuchs eine Wartezeit von oft 4 bis 5 Jahren bedeutet. Die Konsequenz: die Kinder gehen anderen Hobbys nach, wie Fußball spielen. Die Jugendarbeit dort motivierte Scoggins. Zudem konnte er auf einen starken Jahrgang setzen, deren Eltern innerörtlich stark vernetzt sind. Statt Konkurrenz baute er auf Kooperation. Er stimmte Übungspläne und Spiele ab, um „Fußball und Feuerwehr unter einen Hut zu bekommen.“

Dass letztere ein Nachwuchsproblem hat, sorgt auch Stadtbrandinspektor Nicklas Pipperek. „Noch steht es um die Reichelsheimer Wehren gut, doch der demographische Wandel ist bereits zu spüren“ analysiert er die Herausforderungen und prognostiziert. „Wenn wir jetzt nicht die ganz Kleinen für uns gewinnen, haben wir in zehn Jahren ein Problem, nicht nur mit der Tagesalarmbereitschaft.“ Die Kinderfeuerwehr soll dem frühzeitig entgegensteuern. Pipperek regt stadtteilübergreifende Alarmübungen an, denn die aktuell fünf Kinderfeuerwehren sind weitgehend dezentral organisiert. „Ich bin sehr dankbar, was hier passiert“, lobt er Joshua Scoggins. Er differenziere bei den Aufgabenstellungen und nehme so Rücksicht auf die persönliche Entwicklung der Kinder.

Der Nachwuchs scheint nur darauf gewartet zu haben: Die Nachfrage ist groß, 13 Kinder sind derzeit dabei, Tendenz steigend. Dabei ersetzt die Mundpropaganda teure Werbeflyer. Der Übungsplan hängt in der Kita aus, die Kleinen bringen ihre Freunde mit. Bei der letzten Übung waren wieder zwei neue dabei. Und am meisten freut ihn: „Die Kinder fragen auf der Straße nach dem nächsten Termin.“
Geübt wird jeden ersten Samstag im Monat von 14 bis 15.30 Uhr. Wer Lust auf Feuerwehr hat, kommt vorbei. Eltern können sich unter melden.

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Text und Bilder: Holger Hachenburger