05.08.2019 - Wenn es brennt, wenn Gefahrgut zu beseitigen ist oder wenn schnelle Hilfe bei Autounfällen gefordert ist, ist die Feuerwehr zur Stelle. „Eine weitere wichtige Aufgabe aber ist der vorbeugende Brandschutz und die Verhütung von Gefahren“, wie Kreisbrandinspektor Lars Henrich berichtet.

Wir haben ihn und seinen Kollegen Sebastian Luft bei einer Gefahrverhütungsschau in einem Hochhaus in Bad Vilbel begleitet.

„Gefahrverhütungsschauen sollen sensible Objekte auf mögliche Gefahrenquellen untersuchen, so etwa die rund 20 Hochhäuser, die es in der Wetterau, vor allem in Bad Vilbel, Karben, Bad Nauheim und Butzbach, gibt, aber auch hohe Häuser. Das sind Gebäude zwischen 13 und 22 Metern, also solche, die die Reichweite der Drehleitern der Feuerwehren überschreiten.

„Wir haben einen detaillierten Prüfkatalog, der penibel abgearbeitet wird. Der beginnt schon mit der Beschilderung von Rettungswegen um fasst aber vor allem die Brandmeldeanlagen, Wandhydranten, Lüftungstechnik, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen. Die regelmäßige Wartung solcher Anlagen obliegt den Gebäudeeigentümern. Diese Arbeiten werden aber oft auf die lange Bank geschoben, nicht zuletzt aus Kostengründen“, berichtet der Wetterauer Kreisbrandinspektor Lars Henrich.

Bei Hochhäusern sieht man die Situation ganz besonders sensibel, erst recht nach dem Brand des Grenfell Towers. Bei dem Hochhausbrand in Großbritannien sind vor allem durch Rauchvergiftungen 71 Menschen ums Leben gekommen. „Es war vor allem die Isolation und der Kamineffekt zwischen Fassade, Isolation und dem Gebäudekern, der das Feuer in Windeseile sich verbreiten ließ. Diese Konstruktionen und deren Bauteilanforderungen unterliegen strengen Vorgaben. Die Gebäude wurden dann auch mit den Kollegen des Fachdienst Bauordnung auf EInhaltung der Vorschriften kontrolliert. Da haben die Brandschützer schon technische Vorsorge getroffen. Zur Isolation darf nicht brennbare Dämmmaterial genutzt werden, und alle zwei Stockwerke sind sogenannte Brandriegel zu verbauen, die ein Weiterlaufen der Flammen verhindern“, erklärt Henrich.

Architektur macht Brandschutz aufwändig

Die Anforderungen an den Brandschutz in Deutschland sind hoch, aber nicht höher als im europäischen Ausland. Aufwändig wird er durch die architektonische Vielfalt, die in den Gebäuden eingesetzt wird. Das beginnt mit Glaswänden, führt über eine offene Gestaltung der Räume hin zur Nutzung von vielfältigen Materialien. „Wer mehr als Stein und Beton als Baumaterial nutzt, macht auch den Brandschutz teurer“, weiß Henrich. Die Hessische Bauordnung ist dabei ziemlich eindeutig: Anlagen (Gebäude) sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten sind, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“

„Wir prüfen dann für jedes Gebäude, ob diese Schutzziele eingehalten werden. Abweichungen müssen dann kompensiert werden, etwa durch zusätzlichen Brandschutz“, ergänzt der Kreisbrandinspektor.

Zurückgehende Opferzahlen

Wie sinnvoll ein vorbeugender Brandschutz ist, zeigt die Entwicklung der Zahl der Opfer von Feuer und Rauch. Waren es Anfang der 2000er Jahre noch rund 500 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland durch Rauch, Feuer und Flammen starben, sank deren Zahl in den letzten Jahren auf rund 300. „Das ist vor allen Dingen den Rauchmeldern zuzuschreiben, die mittlerweile in vielen Häusern verbaut sind. Allerdings müssen wir auch feststellen, dass die Wartung der Geräte oft hinterherhinkt. Das hat einerseits mit fehlendem Fachpersonal zu tun, andererseits aber auch mit den teilweise hohen Kosten, die aber gut investiert sind, wenn dadurch Menschenleben gerettet werden“, so Henrich.

In dem Bad Vilbeler Hochhaus angekommen, fällt als Erstes ein Pappkarton neben dem Eingang auf. Hier werfen die Hausbewohner die ungebetenen, kostenlosen Zeitschriften und Werbeprospekte rein. „Geht nicht“, moniert Kreisbrandinspektor Henrich. Mindestens ein Metallmülleimer mit Deckel müsse dafür angeschafft werden mit Metalldeckel.

Fahrräder im Fluchttreppenbereich sind absolut tabu und müssen kurzfristig entsorgt werden. Auch bestimmte Kellerräume sind tabu, um sie als Lager zu verwenden, etwa in Heizungskellern. Aber auch dort, wo die Brandmeldeanlage der Feuerwehr installiert ist, darf nichts herumstehen.

EU-Vorgaben für Hinweisschilder

Da in Deutschland alles geregelt ist, gibt es auch spezielle Vorschriften für die Kennzeichnung von Rettungswegen. Sie sind in der DIN ISO 7010 festgelegt und gelten in ganz Europa mit einem genauen Farbmuster: Gelb für Warnung, rot für Verbot, blau für Gebot, grün für Rettung. Für die Rettungswege gibt es europaweit gültige Zeichen, nämlich einen durch eine Tür laufenden Menschen und einen entsprechenden Pfeil, um die Richtung des Rettungsweges anzuzeigen.

Rund zwei Stunden dauert die Nachprüfung der Gefahrenverhütungsschau in dem Hochhaus und endet mit einer Fristsetzung. Binnen zwei Wochen müssen alle noch existierenden Mängel beseitigt werden. Die Wartungsfirma muss eine Mängelfreimeldung bestätigen. Die Fluchtwege müssen einheitlich gekennzeichnet sein und die Brandlasten auf den Fluren verschwinden. Sollte dem nicht nachgekommen werden, muss mit einem empfindlichen Bußgeld gerechnet werden. „Das ist hier keine Frage der Freiwilligkeit oder des Ermessens, sondern es geht um klare gesetzliche Vorgaben, denen nachzukommen ist. Da kann auch nicht diskutiert werden“, gibt sich Kreisbrandinspektor Henrich unnachgiebig.

2.900 Objekte

Die Gefahrverhütungsschau soll alle fünf Jahre durchgeführt werden. Bei den 2.900 Objekten, die dafür in der Wetterau in Frage kommen, ein großes Arbeitspaket. Neben den Hochhäusern und Gebäuden mit einer Höhe von mehr als 13 Metern zählen Industriegebäude, Altenheime, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Kurkliniken, Versammlungsstätten, Bürogebäude und auch öffentlich genutzte unter Denkmalschutz stehenden Gebäude dazu. Hochgerechnet sind das mehr als 500 Objekte pro Jahr. Dazu kommen 450 Stellungnahmen, die der vorbeugende Brandschutz im Jahr zu Baumaßnahmen treffen muss. Ein hohes Arbeitspensum für die fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vorbeugenden Brandschutz.

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An dieser Brandmeldeanlage fehlt dennoch ein Schloss, das noch während der Überprüfung angebracht wurde. Im Brandfall holt hier die
Feuerwehr Informationen ein, wo genau im Gebäude der Brand von der Anlage festgestellt wurde.

Quelle: Pressemitteilung Wetteraukreis