08.12.2008 - Rosbach - Die Wahl eines neuen Stadtbrandinspektors und dessen Stellvertreters bestimmten in der Vollversammlung der Feuerwehren von Rosbach und Rodheim die Tagesordnung. Bernd Suffner, seit 10 Jahren oberster Brandschützer von Rosbach, hatte bereits im Frühjahr angekündigt, dass er sich für dieses Amt nicht mehr zur Wahl stellen wolle. Seinen Posten als Wehrführer, den er fast 20 Jahre innehatte, hatte er schon im Januar (ein Jahr eher als satzungsgemäß vorgesehen) zur Verfügung gestellt. Sein Nachfolger wurde Roman Lack, Berufsfeuerwehrmann bei Fraport in Frankfurt.

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Der scheidende Stadtbrandinspektor Bernd Suffner (Mitte) gratuliert seinem Nachfolger Clemens Harff (re). Es freut sich der alte und neue Stellvertreter Ingo Schneider.
Während es heuer bei der Wahl des Vize-Stadtbrandinspektors nur einen einzigen Kandidaten gab - den bisherigen Amtsinhaber Ingo Schneider, der auch ohne Gegenstimme wiedergewählt wurde - gab es vorher bei den Kandidaten für den obersten Stadtbrandinspektor eine Überraschung. Rosbachs Stellvertretender Wehrführer Clemens Harff, der unter der Hand schon seit längerem als Nachfolger für Bernd Suffner gehandelt wurde, bekam einen Monat vor den Wahlen überraschend einen Gegenkandidaten: seinen älteren Bruder Gerald. "Das hat hier nichts mit Bruderkrieg zu tun. Wir sind lediglich hinsichtlich der Feuerwehr unterschiedlicher Meinung", betonte der Überraschungs-Kandidat. Er konnte sich allerdings mit 10 zu 50 Stimmen nicht gegen Clemens Harff durchsetzen und erwies sich als fairer Verlierer. "Es war eine mutige Entscheidung von mir zu sagen: ich kandidiere. Nun wünsche ich meinem Bruder in seiner neuen Funktion viel Glück".

Clemens Harff ist seit 27 Jahren Mitglied bei der Feuerwehr – anfangs noch in der Jugendabteilung. 1989 avancierte er zum Jugendwart, 2004 zum Stellvertretenden Wehrführer. Viele Einsätze hat er an der Seite von Bernd Suffner miterlebt. "Am schlimmsten ist es, wenn Leute betroffen sind, die man aus dem eigenen, persönlichen Umfeld her kennt". Wenn dann noch Lebensgefahr für die zu rettende Person hinzu komme, sei es doppelt schwer. Dennoch habe er niemals gezögert, mit seinen Kameraden auszurücken.

Mitte Dezember wird Bernd Suffner, der seit 40 Jahren aktives Mitglied der Feuerwehr Rosbach ist und es auch bleiben will, offiziell von seinen bisherigen Führungsaufgaben entbunden. Die Gründe, warum er nicht mehr an der Spitze weitermachen wollte, will er nicht vertiefen. "Feuerwehrmann zu sein ist heutzutage schon ein Zweitberuf", sagt der selbständige Unternehmer. Neben allem Idealismus muss auch der Zeitrahmen passen.

Ein ganzer Ordner mit Zeitungsberichten und Kommentaren, Dankschreiben und Urkunden steht bei Suffner zu Hause im Regal. Beim Durchblättern werden Erinnerungen an zahlreiche Einsätze wach. "Das erste Mal rückte ich als Fünfzehnjähriger an Sylvester aus, als in der Frankenstraße die Scheune von Bauer Jacobi brannte". Damals, Anfang der 70er Jahre, war er noch Mitglied in der Jugendfeuerwehr. "Wir wurden nicht direkt gerufen, aber wir Jugendlichen hatten alle den gemeinsamen Ehrgeiz, mitzuhelfen". Verängstigte Tiere, Eis und Frost erschwerten die Löscharbeiten. Als Folge aus diesem Ereignis bekam die Jugendfeuerwehr enormen Zulauf. Der Großbrand hatte den jungen Menschen bewusst gemacht, wie wichtig der Dienst bei der Feuerwehr ist.

"Die Alarmierung erfolgte vor 40 Jahren noch über Sirene und Telefon, einen Funkbetrieb gab es noch gar nicht", erinnert sich Bernd Suffner. Eine funktionierende Nachbarschaftshilfe war den Brandschützern jedoch eine große Hilfe. "Wenn früher jemand Wasser im Keller hatte, halfen die Nachbarn ihm beim Schöpfen oder Abpumpen, heute wird meistens gleich die Feuerwehr gerufen". Was manch ein Hilferufer nicht ahnt: "Die Einsätze sind zunächst einmal grundsätzlich kostenpflichtig." Nicht immer erfahren die Retter in der Not deshalb anschließend Dankbarkeit. Manchmal gibt es böse Worte, wenn die Rechnung kommt. Ab und zu beklagen sich Leute sogar, dass sie nach einem Hilfseinsatz Abdrücke von Arbeitsstiefeln auf ihrem teuren Teppichboden feststellen mussten, oder dass zu viel Wasser für die Löscharbeiten eingesetzt worden sei. Auch Beschwerden wegen zu viel Lärm hat es schon gegeben.

Bernd Suffner hat in den langen Jahren seiner Tätigkeit lernen müssen, mit unterschiedlichen Meinungen umzugehen. Nicht alles blieb in der Außenhaut stecken. Die Beschimpfung durch einen Mann, den er im letzten Moment unter eigener Lebensgefahr aus einem brennenden Haus gerettet hatte, kann er nicht vergessen. Das schlimmste Erlebnis war die Bergung von vier jungen Mädchen auf der A 5, die auf der Heimfahrt von der Disco auf einen stehenden Anhänger aufgefahren und tödlich verunglückt waren. Als einer der Ersten vor Ort hatte Suffner die Teenager bergen müssen – wohlwissend, dass er kein Leben mehr retten konnte. "Damals gab es noch keine Notfallseelsorge für uns Feuerwehrleute", erinnert er sich. Anschließend habe man noch lange zusammen gesessen, um über das Ereignis zu reden und es auf diese Art gemeinsam zu verarbeiten.

Mit der Anschaffung einer Rettungsschere in Verbindung mit einem hydraulischen Gerätesatz nahmen die Einsätze der Rosbacher Wehrleute bei schweren Verkehrsunfällen zu. "Zum Glück sind Autos und Straßen im Laufe der Zeit aber sicherer geworden, so dass es nicht mehr so viele Schwerstunfälle gibt wie früher", sagt Bernd Suffner. Als "stressig" bezeichnet er jeden Einsatz, bei dem ein Menschenleben in Gefahr ist. "Dann schüttet der Körper aber so viel Adrenalin aus, dass man gezwungen ist, sich auf die Gefahrensituation einzustellen und richtig zu handeln".

Nicht immer hat sich der Aufwand für einen Einsatz im Nachhinein als angemessen erwiesen. So wurde beispielsweise von besorgten Tierschützern die Rettung einer vermutlich erkrankten Ente auf einem Nieder-Rosbacher Hausdach als dringend erforderlich erachtet. "Solche Einsätze dürfen wir nicht ablehnen". Die große Drehleiter aus Friedberg wurde angefordert, denn an rund 10 Meter Firsthöhe reichten die Rosbacher Leitern nicht heran. Wenige Zentimeter, bevor die Retter das "hilflose" Federvieh erreichten, flatterte dieses mit schwingenden Flügeln munter davon. Nur wenige Tage später hätte es dennoch beinahe sein Leben aushauchen müssen: die Ente bewegte sich keinen Zentimeter zur Seite, als die Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn auf der Schulstraße unterwegs waren und wäre deshalb beinahe unter die Räder gekommen. "Da haben wir für dieses Tier vorher extra die Leiter aus Friedberg kommen lassen, um es zu retten, und wenig später hätten wir es fast mit unseren eigenen Autos überfahren".

Carsten Franz - Feuerwehr Rodheim
Text und Bilder: Frau Halaczinsky