„Würde mir nie anmaßen im Einsatz den Chef raushängen zu lassen“

uf_ungerHerr Unger, Sie sind Dienstherr über 19 Frauen und 154 Männer, die sich ehrenamtlich in den  Florstädter Feuerwehren engagieren. Was sind sie denen für ein Chef?

Herbert Unger: Die Chefaufgabe, die der Bürgermeister gegenüber den Feuerwehren hat, regelt das Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz. Ein Bürgermeister muss diese Verpflichtung erfüllen, egal, ob er eine Ausbildung als Feuerwehrmann hat oder nicht. Ich pflege deshalb einen engen Kontakt zum Stadtbrandinspektor, seinem Stellvertreter und den Wehrführern. Ich sorge dafür, dass die materielle Ausstattung für die Wehr gewährleistet ist und bin Bindeglied zu den kommunalen Gremien, denn der Brandschutzauftrag muss sichergestellt sein. Wenn es mal Konflikte gibt, greife ich regulierend ein. Ich würde mir aber nie anmaßen im Einsatz gegenüber Feuerwehrleuten den Chef raushängen zu lassen. Für die Einsätze sind mit Recht gut ausgebildete Feuerwehrleute zuständig und erforderlich.

Als Bürgermeister sind sie für die Sicherheit, die die Feuerwehren gewährleisten, zuständig. Wie organisiert die Stadt Florstadt diese Aufgabe?
Unger: Früher lief das bis auf die großen Investitionen von Jahr zu Jahr in Absprache mit dem Stadtbrandinspektor und den Wehrführern, dem sogenannten Wehrführerausschuss. Seit es die Bedarfs- und Entwicklungspläne gibt, hat sich das Vorgehen professionalisiert. Der Bedarf wird gemeinsam mit allen Verantwortlichen definiert. Es ist festgelegt, welche Gefahren und Risiken es in den einzelnen Stadtteilen gibt, daran orientiert wird das Material angeschafft. Diese Pläne werden mit dem Kreisbrandinspektor und dem Innenministerium abgestimmt. Seither ist es möglich, vorausschauender zu planen und den Finanzbedarf sicherzustellen. Brandschutz ist eine gesetzliche Verpflichtung, da darf nicht am falschen Ende gespart werden. Die Entscheidung über die Investitionen liegt bei den Stadtverordneten. Die Florstädter Feuerwehren sind sich aber ihrer Verantwortung bewusst, alle Planungen laufen bedarfsorientiert. Wenn jemand sagt, wir finanzieren den Feuerwehrleuten ein teures Hobby, der tut den Wehren unrecht, bei uns gehen die Feuerwehren sehr bewusst und verantwortungsvoll mit den Mitteln um.

Nennen Sie Zahlen, wie Florstadt seine Wehren unterstützt.
Unger: Rund 100 000 Euro im Jahr sind im Durchschnitt im Haushalt veranschlagt. Diese Zahlen sind nicht zu verallgemeinern. Wenn ein neues Gerätehaus gebaut wird, kostet das Millionen, danach hat man für Jahrzehnte Ruhe. Das Anschaffen der Fahrzeuge wird vom Land mitfinanziert,  da kommt einiges zusammen, ohne die laufende Ausrüstung. Alles in Allem sind die Freiwilligen Feuerwehren aber immer noch viel kostengünstiger als Berufswehren. Von dem Geld, was wir für die Feuerwehren ausgeben, könnten wir gerade mal zwei Berufsfeuerwehrmänner im Jahr finanzieren und das wären dann nur die Personalkosten. Glücklicherweise geben wir nur so verhältnismäßig wenig aus, weil bei uns die Feuerwehren ehrenamtlich organisiert sind. Wenn sich nicht mehr genug Aktive finden, müssten wir Menschen verpflichten, wie bei der Bundeswehr, dann wäre es mit der Motivation längst nicht so wie heute. Eine Berufsfeuerwehr hingegen wäre unverhältnismäßig teuer. Es gibt deshalb für Städte unserer Größe keine wirkliche Alternative zu den Freiwilligen Feuerwehren.

Kreisbrandinspektor Otfried Hartmann schlägt vor, dass zukünftig die Stadtbrandinspektoren bei den Kommunen angestellt werden sollen. Wie bewerten Sie den Vorschlag?
Unger: Das ist eine Frage der Stadtgröße. Bei uns in Florstadt ist die Arbeit des Stadtbrandinspektors eine Teilzeitaufgabe, die im Ehrenamt ausgeübt wird, dafür gibt’s eine Aufwandsentschädigung. Bei uns füllen die Aufgaben des Stadtbrandinspektors aber nicht einen kompletten Arbeitsplatz aus. Würde eine hauptamtliche Stelle geschaffen, könnte mit dem Gehalt niemand seine Familie ernähren. Würde eine volle Stelle eingerichtet, müsste der Stadtbrandinspektor jeweils Qualifikationen besitzen, die bei der Stadt benötigt werden.

Welche Zukunftsperspektiven haben die Freiwilligen Feuerwehren?
Unger: Ich sehe das größte Problem in der Personalstärke. Es müssen immer genügend engagierte Bürger da sein, die sich in ihrer Freizeit für die Feuerwehr einsetzen. Deshalb kommt der Kinder- und Jugendarbeit bei den Feuerwehren eine immer größer werdende Bedeutung zu. Wie ich bereits ausgeführt habe, sehe ich nämlich keine sinnvollere und bessere Alternative zu unserem System der Freiwilligen Feuerwehren.

Sind Sie selbst Feuerwehrmann?
Unger: Seit vielen Jahren bin ich Mitglied im Feuerwehrverein, weil ich die Notwendigkeit dieses Ehrenamts auch als Bürger, nicht nur als Bürgermeister, anerkenne. Ursprünglich hatte ich ernsthaft vor, in meinem ersten Jahr als Bürgermeister einen Grundlehrgang zu besuchen, aber dann hatte ich so viel zu tun, dass keine Zeit dafür da war, da die Ausbildung sich über Wochen hinzieht. Nach fast zehn Jahren im Amt bin ich hineingewachsen und verfüge über gut ausgebildete Feuerwehrleute in leitenden Positionen, mit denen ich eng zusammenarbeite. Der Zeitaufwand, den die Feuerwehrleute leisten müssen, um sich fortzubilden ist wirklich enorm.

Text: Ines Dauernheim (freie Journalistin)
Bild: www.florstadt.de