08.07.2010 - Bad Nauheim (ihm). »Sie sind niemand, der groß abwog: ›Wo besteht für mich das Risiko?‹ Sie griffen beherzt ein, obwohl Sie keine diesbezügliche Ausbildung und keine Schutzausrüstung hatten«, unterstrich Staatssekretär Dirk Metz. Die Zuhörer im Rathaus klatschten, wie sie es wiederholt taten bei der Verleihung der Hessischen Rettungsmedaille an Hans-Georg Faust.

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Hans-Georg Faust (2. v. r.) erhält die Rettungsmedaille. Das Bild zeigt den couragierten Bürger mit Stadtbrandinspektor Roland Neumann, Staatssekretär Dirk Metz und Rathauschef Bernd Witzel (von links). (Foto: ihm)

Im Januar hatte der Bad Nauheimer zwei Kinder aus einer brennenden Wohnung gerettet (die WZ berichtete). Die Geschwister überreichtem ihrem Retter ein Bild.

Spät war Faust nach Hause gekommen, als er Hilfeschreie hörte. Er sah einen Nachbarsjungen vorm Fenster einer Souterrainwohnung im Haagweg stehen. Qualm quoll aus dem Haus. Der 13-Jährige rief, es brenne. Seine Geschwister seien noch in dem Raum, der neben dem Brandzimmer liege. Faust rannte hin. »Die Mutter kam ebenfalls ins Freie, sie war fix und fertig.« Der Mann zertrümmerte die Scheibe, in die der Jugendliche schon ein Loch geschlagen hatte. Faust kletterte hinein, suchte die Kinder und reichte sie zu ihrer Mama nach draußen. Auslöser des Feuers war ein brennender Tannenbaum. Für seinen Einsatz wurde der 70-Jährige mit einer Urkunde ausgezeichnet, unterschrieben von Ministerpräsident Roland Koch, sowie der Rettungsmedaille. Metz: »Sie ist die höchste emotionale Auszeichnung, die das Land vergibt.«

Die Medaille werde nur Menschen verliehen, die ein Leben retten und dabei ihr eigenes aufs Spiel setzen. Im Gespräch mit der WZ erläuterte Stadtbrandinspektor Roland Neumann: »Bei einer bestimmten Menge Kohlenmonoxid reichen drei kräftige Atemzüge, dann wird man bewusstlos.« Das Zimmer war stark verqualmt. Faust hatte sich bei seiner Suche in Bodennähe bewegt. »Wenn es in einer solchen Situation Luft gibt, dann unten«, sagte er. Er habe im Freien tief eingeatmet und innen die Luft angehalten.

Mit der Ehrung, so Metz, sage die Gemeinschaft Dank. »Wir wollen aber auch ein Bewusstsein schaffen, wie man sich in bestimmten Situationen verhält. Wir denken nicht nur an Unglücke wie Brände, sondern auch an Vorfälle, wie sie in Bussen, Bahnen und Parks geschehen und wo Leute oft wegsehen.« Retter, die geehrt werden, sagten oft: »Das war doch selbstverständlich.« Dem wolle er deutlich widersprechen, da es eine »Unkultur des Wegsehens« gebe. Faust habe Mut und Charakterstärke bewiesen.

Bürgermeister Bernd Witzel blickte zurück auf den Abend des Unglücks. »Ich fuhr hin und bekam mit, welche Hilfe geleistet wurde.« Die Leistungsfähigkeit der Brandschützer und die Kooperation sei beeindruckend gewesen. »Feuer ist etwas Schreckliches. An diesem Abend ging es gut aus. Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie eingeschritten sind. Sie sind ein Vorbild«, sagte er zu Faust. Die Kinder überreichten ihrem Retter ein selbst gemaltes Bild: »Wir danken Herrn Faust, dass er uns geholfen und gerettet hat.«

Quelle: Wetterauer Zeitung online vom 08.07.2010