19.07.2010 - Im Jahr 1935, vor 75 Jahren, wurde die Massenheimer Feuerwehr gegründet. Vom Baujahr 1935 war auch das älteste Motorrad der Oldtimer-Ausstellung. Die zwei historischen Übungen, die gestern Nachmittag beim Jubiläumsfest gezeigt wurden, reichten allerdings zurück bis 1902. Aus diesem Jahr stammt die Handdruckspritze  im Heimatmuseum, die zeigte, dass sie immer noch einsatzbereit ist.

Bad Vilbel. Hunderte von Zuschauern verfolgten gespannt die zwei historischen Übungen, die sich Ex-Wehrführer Ulrich Tschauder für die Jubiläumsfeier ausgedacht hatte. Beide Male brannte ein Haus.

Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde noch mit deutlich mehr Muskelkraft gelöscht. Sogar Zuschauer wurden eingespannt, um in einer Eimerkette Wasser aus dem Brunnen in die beiden Handdruckspritzen aus Massenheim (1902) und Kilianstädten (1899) zu schöpfen.

20100719_Mass-Fest
Die originale Handdruckspritze aus dem Jahr 1902 bedienten die Massenheimer Feuerwehrleute in historischen Uniformen. Foto: Beppo Bachfischer

Immerhin ging es um das nackte Leben einer Frau, die in ihrer Nachthaube gottserbärmlich aus ihrem Schlafzimmerfenster im Obergeschoss um Hilfe rief, während sie von immer dickeren Rauchschwaden eingehüllt wurde.

Rettung in höchster Not

Ihre Aussteuer hatte sie schon auf die Gass‘ geworfen, als der Feuerhornbläser vor der ersten Spritze den Brandort erreichte. Sie wusste genau, warum sie das tat. Denn ein Löschangriff zielte zu jener Zeit zuvorderst darauf ab, ein Überspringen der Flammen auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Die Rettung eines brennenden Hauses erschien zu wenig aussichtsreich.

Dennoch schleppten die Bürger Eimer wie wild, um die Pumpe zu füllen, aus der die Feuerwehrmänner unter ganzem Körpereinsatz das Wasser in die Schläuche pressten. Über eine Leiter wurde die arme Frau gerettet, sank erschöpft darnieder, konnte aber mit ein paar Wasserspritzern aus dem Brunnen rasch wiederbelebt werden.

Die erfolgreichen Feuerwehrmänner strahlten in ihren feschen historischen Uniformen, die vom Eschersheimer Theater-Kostümverleih Jansen stammten. Die Zuschauer applaudierten und johlten.

Etwas weniger dramatisch war das 50er-Jahre-Feuer, das die Einsatzkräfte schließlich in Originaluniformen und mit einem Tanklöschfahrzeug des zivilen Bevölkerungsschutzes (ZB) aus Schöneck-Büdesheim löschten. Zuerst kam allerdings nur die Motorspritze der Feuerwehr Dortelweil aus dem Jahr 1942 zum Einsatz.

Landwirt Theo Waltz zog sie mit seinem Lanz-Bulldog zum Brandherd. «Alles Baujahr 1942», rief er. «Die Pumpe, der Traktor und der Fahrer auch.»

Da die Motorspritze selbst kein Wasser führt, musste es aus dem Brunnen gesaugt werden – aber immerhin nicht mehr mit Muskelkraft. So war es nicht verwunderlich, dass der Wasserstrahl deutlich stärker war. Über eine Leiter wurde sogar ein Brandangriff durchs Fenster gestartet.

Jeweils etwa 15 bis 20 Aktive der Massenheimer Feuerwehr waren bei beiden Übungen im Einsatz. Ein weiterer Kamerad aus Okarben, der mit seinen Freunden eigentlich «nur zum Zuschauen» auf das Fest gekommen war, hatte einen unerwarteten Gastauftritt als «Retter von Massenheim». Beide Übungen starteten nämlich mit einem lauten Knaller auf dem Damm zur Nordumgehung.

Aus Spaß wurde Ernst

Beim zweiten Böller fing das dürre Gras Feuer. Beherzt sprang Stephan Mäser mit einem Wassereimer anno 1902 den Hang hinauf, kippte ihn über die Glut, ließ sich einen zweiten reichen, bis er schließlich einen Schlauch gereicht bekam. «Feuer aus», konnte er nach zwei gezielten Wasserstößen melden – und freute sich natürlich über spontanen Beifall.

Die historischen Löschgeräte passten wunderbar in die Umgebung der Oldtimer-Schau, die auf dem Festgelände stattfand. Darunter befanden sich auch etliche Feuerwehrfahrzeuge, die schon etwas in die Jahre gekommen sind. Es dürften einige Tausend Menschen gewesen sein, die wieder Freude an den alten Gefährten hatten, mit Interesse die Übungen verfolgten und mit der Feuerwehr Massenheim feierten.

Viele der Aussteller sind den Massenheimern längst keine unbekannten mehr. Wie üblich wurden auch wieder die ältesten Fahrzeuge mit Preisen belohnt. Frank Peters, der mit seinem Lanz Alldog, Baujahr 1956, aus Nieder-Eschbach nach Massenheim gekommen war: «Die kurze Strecke geht gerade noch». Sein 1140 Kilo schwerer Traktor leistet 20 PS.

Ebenso alt wie die Massenheimer Feuerwehr ist die Horex S 3, mit der Gerhard Müller aus Friedrichsdorf im Taunus gekommen war. 300 Kubikzentimeter und 13 PS sind im Brief des Zweirades vermerkt.

Im Gründungsjahr der Jubiläumswehr war das älteste Auto der Ausstellung bereits seit sechs Jahren auf der Straße: ein BMW Dixi, Baujahr 1929. Sein stolzer Besitzer, Björn Ackermann, wohnt in Bad Vilbel. «Laut Tacho bringt er mit seinen 15 PS tatsächlich heute noch 120 Sachen», freut er sich.

Quelle: Bad Vilbeler Neue Presse online vom 20.07.2010