23.08.2010 - Wieder hat es einen Verein in der Kerbvorbereitung getroffen - Strafe wegen unerlaubten Transports eines Toilettenwagen

Wetteraukreis - Bald ist wieder Kerb-Zeit. In vielen Gemeinden im Wetteraukreis wird ab dem Spätsommer kräftig gefeiert. Organisiert werden die Feste meist von ansässigen Vereinen, wie der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr oder vom Sportverein. Ehrenamtliche Helfer stellen Tanzabende und Discos auf die Beine, organisieren Zelte, Getränke und vieles mehr.

Vor kurzem kam es bei diesen Vorbereitungen zu folgender Szene: Ein Landwirt hatte an seine Zugmaschine einen Toilettenwagen gehängt, wurde von der Polizei kontrolliert und musste prompt ein Bußgeld zahlen.
Ahnliches ist im vergangenen Jahr der Reichelsheimer Feuerwehr passiert. Im Vorfeld der Kerb hatte ein hilfsbereiter Landwirt auf seinem Anhänger für die Feuerwehr eine Theke transportiert. Das Gespann wurde kontrolliert und ein Bußgeld von 200 Euro erhoben, weil auf dem Anhänger nur landwirtschaftliche Güter transportiert werden dürfen und das Gespann steuervergünstigt ist. Der Transport einer Theke aber diene letztendlich gewerblichen Zwecken, so die Aussage der Polizei.

Zur Theorie: Wenn landwirtschaftliche Maschinen grüne Kennzeichen tragen, sind sie steuervergünstigt und dürfen nur für landwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden. Die Anhänger selbst sind meist komplett steuerbefreit und müssen nicht extra zugelassen werden, solange man mit ihnen nicht schneller als 25 Stundenkilometer fährt.

Polizeihauptkommissar Frank Parr vom regionalen Verkehrsdienst der Polizei in Friedberg erläutert: »Das ist ein verzwickter Bereich, weil es so viele Gesetze und Verordnungen gibt. Meistens verstößt man gleich gegen mehrere.« Das Umherfahren eines Toilettenwagens diene, ähnlich wie bei besagter Theke, einem gewerblichen Zweck. »Sobald man damit schneller als 25 Stundenkilometer fährt, muss außerdem der Anhänger angemeldet sein.« Aber auch wenn man die Geschwindigkeit nicht überschreitet, droht ein Verstoß wegen der grünen Kennzeichen. »Mittlerweile haben viele Traktoren ja schon normale Kennzeichen. Aber da taucht dann wieder das Problem mit den nicht-angemeldeten Anhängern auf«, sagt Parr.

Noch schlimmer sei es, wenn man Personen auf dem Anhänger mitnehme. »Niemand haftet bei Personenschäden, denn der Fahrer darf keine Personen auf dem Anhänger mitnehmen«, sagt Parr, »außerdem müsste es dem Fahrer per Führerschein erlaubt sein, größere Personenmengen zu befördern. Er bräuchte quasi einen Busführerschein.« Der Bereich der Fahrzeugkennzeichen ist also lückenlos definiert, es ist klar geregelt, was man darf und was nicht.

Kreislandwirt Herwig Marloff kennt den Landwirt gut, der letztes Jahr das Bußgeld kassierte. Das Verhalten des Beamten, der die Strafe wegen des unerlaubten Thekentransports verhängt hatte, könne er verstehen. »Er ist ja durch das Gesetz gebunden. Wir leben in einem Rechtsstaat und müssen uns an die Gesetze halten.« Hauptkommissar Parr sieht das genauso: »Als Polizist hat man die Verpflichtung, Straftaten zu verfolgen. Das ist eben unser Beruf.« Ihm sei klar, »dass man nicht jedes Mal zum Finanzamt gehen kann, um so einen Transport anzumelden, das ist unrealistisch, aber die Gesetze sind nun mal so festgelegt«. Parr ist der Meinung, dass solche Vergehen vermeidbar wären, wenn die Landwirte richtig informieren würden. »Ich glaube, dass viele einfach nicht genau wissen, was sie dürfen und was nicht.« Hier will Marloff nun gemeinsam mit der Polizei ansetzen. »Bevor die Rübenernte beginnt, wollen wir eine Aufklärungstag für die Landwirte veranstalten.«

Marloff weist aber auch auf die Situation der Vereine hin: »Bei solchen Veranstaltungen muss so viel beachtet werden, und die Vereine haben meist nur ein kleines Budget. Ihr Aktionsraum wird zunehmend enger.« Das erkläre, warum die Vereine so viele Grauzonen wie möglich ausnutzen - und auch, warum die Landwirte ihnen unter die Arme greifen. »Wir dürfen nicht vergessen, wie wichtig Feste für die Gemeinden sind«, sagt Marloff, »das Organisieren schweißt zusammen. Meist sind nach solchen Veranstaltungen mehr Leute bereit, Aufgaben im Verein zu übernehmen, weil man gemeinsam etwas geschafft hat.«

In Zukunft bleibt den Vereinen wohl also nichts anderes übrig, als die Grauzonen, die das Gesetz bietet, auszunutzen. Und vielleicht Anhänger mit Theken drauf mit einer Plane abzudecken.

Quelle: Wetterauer Zeitung vom 20.08.2010