27.11.2016 - Ehemaliger Bad Nauheimer Stadtbrandinspektor referiert über Brandgefahren vor dem Fest

Bad Nauheim (agl). Es war eine Tragödie, die Kerzen am Baum. Im Januar 2009 starben bei einem Brand in der Mainzer-Tor-Anlage in Friedberg drei Menschen. Der ehemalige Bad Nauheimer Stadtbrandinspektor Joachim Krämer spricht nun über die Brandgefahr vor dem Fest – und über ein Erlebnis bei ihm zu Hause.

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Besinnlich soll die Advents- und Weihnachtszeit sein, doch es kann auch sehr gefährlich werden. Bei Kerzen muss man aufpassen, besonders wenn sich Kinder oder frei laufende Haustiere in der Wohnung aufhalten.
© DPA Deutsche Presseagentur

Eine Thuja-Hecke ist kein Tannenbaum und im August gibt es keine Weihnachtszeit; dennoch taugte der eigene Schreck ganz gut für die Warnung: Vorsicht mit der Weihnachtsdeko, mit Kerzen, Feuer, trockenen Nadeln. Joachim Krämer, früher Stadtbrandinspektor in Bad Nauheim und ehemaliger Leiter der hauptamtlichen Einsatzkräfte in der Kurstadt, referierte kürzlich in der Erika-Pitzer-Begegnungsstätte darüber, wie gefährlich es in der Advents- und Weihnachtszeit werden kann, wenn man dem Feuer nicht die nötige Aufmerksamkeit schenkt. Besonders zugeschnitten war sein Vortrag auf Senioren, schließlich lauschten sie auch seinen Worten während des Mehrgenerationen-Kennenlern-Cafés.

Was die Thuja-Hecke im August betraf, so hatte sich Krämer eines Tages im Sommer 2015 dazu entschlossen, Unkraut mit dem Brenner zu entfernen. Plötzlich hörte er hinter sich ein Knistern. Der Schreck war groß, als er die Hecke im Flammenmeer untergehen sah. Trocken und windig war es damals, das Feuer breitete sich in Richtung Haus aus. Der Spott unter den anrückenden ehemaligen Feuerwehrkameraden sei ihm sicher gewesen, sagte der Nieder-Mörler. Heute kann Krämer darüber lachen. »Nicht nur Ärzte können krank werden, sondern bei Feuerwehrleuten kann es auch brennen.

Senioren besonders gefährdet

Doch sein Vortrag hatte einen ernsten Hintergrund: Die Nadeln das Weihnachtsbaums können verdammt trocken sein, so trocken wie die Thuja-Hecke. Und der Baum produziert ätherische Öle, im Fall der Fälle ein Brandbeschleuniger. Außerdem gibt es laut Statistik eine besonders hohe Gefahr für ältere Menschen (siehe Kasten). »Senioren sind die gefährdetste Gruppe bei Brandschäden, nicht nur an Weihnachten«, sagt Krämer. Sie seien nicht so schnell und eher vergesslich, ist aus den Reihen der Zuhörer zu vernehmen. Das sind definitiv zwei Faktoren, die sich bei älteren Menschen nachteilig auswirken können. Krämer nennt ein drittes Beispiel: Medikamente, die die Seniorin oder den Senior tief und fest schlafen lassen. Fatal ist das, wenn die Kerze unterdessen weiter vor sich hin brennt.

Und schon ist man beim Thema Weihnachtszeit, auch wenn es da Regeln gibt, die man das ganze Jahr über beherzigen sollte. Auf diese Regeln ging der ehemalige Stadtbrandinspektor ein. Stichworte waren beispielsweise die Rauchmelder-Pflicht, die Gefahr bei Elektrogeräten vom Heizkissen bis zur Kaffeemaschine und das Freihalten von Fluchtwegen. Aber es gibt eben auch die besonderen Advents- und Weihnachtswarnungen: Zum Beispiel riet Krämer dazu, immer nur frisch gebundene Adventskränze zu nehmen und diese auf einer nicht brennbaren Unterlage abzulegen. Den Weihnachtsbaum sollte man bis zum Aufstellen kühl lagern und in Wasser stellen, damit er nicht so trocken und die Brandgefahr verringert wird. Von Christbaumschmuck mit brennbaren Stoffen und von Wunderkerzen riet der Experte ab. Sollte man sich tatsächlich für echte Kerzen entscheiden, dann bitte wenigstens im Metall-Kerzenständer mit Kugelgelenk samt Wachsauffangschale, die wiederum nicht brennbar sein darf. Die Kerzen dürfen nicht tropfen, und sie müssen senkrecht stehen, aber nicht zu nah unter einem Zweig. Krämers Rat: »Zünden Sie die Kerzen immer von oben nach unten an und löschen Sie sie immer in umgekehrter Reihenfolge, also von unten nach oben.«

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Hier ist es nur ein Modell mit technischer Raffinesse, doch mit dem Rauchhaus zeigt Joachim Krämer, wie sich der Rauch im tatsächlichen Unglücksfall ausbreitet.
© Christoph Agel

Entscheidet sich der Freund einer gepflegten Beleuchtung für die elektrische Variante, dann sollte er beim Kauf nicht aufs größte Schnäppchen, sondern auf die Prüfzeichen VDE und GS achten. Ausgetrocknete Zweige sind möglichst frühzeitig zu entfernen, der Baum mindestens einen halben Meter von brennbaren Materialien entfernt aufzustellen, aber auch nicht so, dass er einen möglichen Fluchtweg versperrt. Und gerade muss der Baum stehen, er darf nicht kippen. Grundsätzlich gilt: Niemals ein offenes Feuer, also auch keine brennende Kerze, unbeaufsichtigt lassen. Bei kleinen Kindern und frei laufenden Haustieren ist besondere Vorsicht geboten.

Für den Fall, dass ein Feuer die besinnliche Zeit jäh beendet, sollte man zu diesem Zeitpunkt schon längst einen Eimer mit Wasser parat stehen haben. Der kann wichtig werden. Zu seinem Vortrag hatte Krämer eine Löschdecke und ein Löschspray mitgebracht, die im Fall der Fälle zum Einsatz kommen können. Sollte das eigene Engagement nicht ausreichen, gibt es die »112«. Bevor man aber nur »Kommen Sie schnell, hier brennt’s« in den Hörer schreit, sollte man lieber die fünf Ws beachten: Was ist passiert? Wo ist es passiert? Wer meldet den Brand? Wie viele Verletzte gibt es? Und schließlich: Warten, ob die Dame oder der Herr am anderen Ende der Leitung noch Nachfragen hat.

Zahlen und Fakten

  • Um rund 40 Prozent steigt die Zahl der Brände in der Zeit von Weihnachten und Silvester gegenüber den Frühjahrs- und Herbstmonaten.
  • Brandschäden in Höhe von rund 35 Millionen Euro registrieren die Versicherer in dieser Zeit des Jahres. Die Schadenssummen steigen regelmäßig wegen teurer Geräte im Haushalt.
  • Mehr als 61 Prozent der Brandtoten in Deutschland sind Senioren über 60 Jahre.
  • 95 Prozent der Todesfälle bei Bränden sind auf den Rauch zurückzuführen, nicht nur in der Weihnachtszeit. (bf)

Wie sich Rauch in einem Raum verteilt, zeigte Krämer zum Abschluss auch noch. Dafür hat er extra ein Rauchhaus mitgebracht, das stark an ein Puppenhäuschen erinnert, aber mit technischen Raffinessen versehen ist.

Der Rauch, in dem Fall ging er vom Essen auf dem Herd aus, stieg zuerst nach oben und fiel dann nach unten. Wohl dem, der einen Rauchmelder an der Decke hat.

Quelle: Wetterauer Zeitung online vom 25.11.2016