28.05.2020 – Ein Statement von Lars Henrich, KBI und Kreisverbandsvorsitzender

Wetteraukreis – Zu Beginn des Jahres 2020 wurde in den Medien über eine Infektion und Ausbreitung des COVID-19 Virus auf dem asiatischen Kontinent berichtet. Die täglichen Schlagzeilen fanden bereits damals auch in den europäischen Ländern großes Interesse. Trotz der Berichterstattung wurde die Gefahr der Ausbreitung bei dem Einen oder Anderen nicht so ernst genommen, da diese ja noch weit weg war. Durch die Globalisierung und Flexibilität des Reisens war jedoch festzustellen, dass die weltweite Ausbreitung der Infektion schneller vor unserer Haustür stand, als gedacht.

20200528 KBI HenrichDurch die Infektionen in den europäischen Nachbarländern, wie in einzelnen Regionen in Italien, wurden durch die Bundes- und Länderregierungen Maßnahmen veranlasst, damit in Deutschland Bilder von Leichentransporten mit Militärfahrzeugen nicht in den Medien zu sehen waren. Diese Maßnahmen hatten natürlich Auswirkungen auf jede einzelne Bürgerin und jeden Bürger in der Bundesrepublik Deutschland, in Hessen und auch im Wetteraukreis. Diese Einschränkungen werden mittlerweile von einzelnen Personen als Beschränkung ihrer Grundrechte, ihrer Bewegungsfreiheit aber auch als ein wirtschaftlicher Verlust angesehen. Die Auswirkungen der Pandemie und deren Folgen können wir aktuell nicht beziffern. Jedoch spüren wir die Einschränkungen auch bei den ehrenamtlichen Brandschützer im Wetteraukreis. Welchen Einfluss diese weitgehenden Beschränkungen auf jedes der 3804 ehrenamtlichen, aktiven Mitglieder in den kommunalen Einsatzabteilungen der Feuerwehren haben, ist aktuell nicht absehbar.

Auch das „Leben“ der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden hat sich im Ablauf ihrer Freizeitgestaltung durch die Pandemie wesentlich verändert. Neben den beruflichen Anforderungen nutzen die Kameradinnen und Kameraden der kommunalen Feuerwehren die Möglichkeit des aktiven Feuerwehrdienstes auch um einen Ausgleich zu erhalten. Sie stehen in ihrer Freizeit zum Wohle und Schutze der Bevölkerung bereit. Schauen wir mal in die 139 Ortsteil- und Stadtteilfeuerwehren im Wetteraukreis. Hier werden regelmäßige, im Durchschnitt wöchentliche Ausbildungs- und Übungsdienste durchgeführt, damit das Erlernte in Fleisch und Blut übergeht. Neben den Übungen und Einsätzen werden Lehrgänge und Seminare auf Landkreisebene und an der Landesfeuerwehrschule besucht. Mitglieder, die mehr als sechs Jahre in den Jugendfeuerwehren aktiv tätig sind, arbeiten auf den Tag hin, in die Einsatzabteilungen übernommen und ein Teil dieser zu werden.

Der Kreisfeuerwehrverband Wetterau organisiert im Namen des Wetteraukreis bereits seit Jahrzehnten die Ausbildungen der ehrenamtlichen, aktiven Feuerwehrangehörigen im Landkreis. Ich möchte hier mal einen aktuellen Überblick der Auswirkungen des Lockdowns durch die Corona-Pandemie geben. Es war Mittwoch, der 11. März 2020, um 18.30 Uhr im Feuerwehrhaus in Butzbach. Als Kreisbrandinspektor konnte ich 36 neue aktive Feuerwehrangehörige und vier ehrenamtliche Kreisausbilder im Lehrsaal zum ersten Grundlehrgang im Jahre 2020 begrüßen. In den Gesichtern der Teilnehmer war deutlich ein gewisser Stolz und Vorfreude auf die nächsten drei Wochen zu erkennen. Auch wenn dies eine zusätzliche Belastung zu dem täglichen Berufs- und Familienleben ist. 70 Stunden theoretischer und praktischer Ausbildungsdienst steht ihnen bevor. Aber eins ist klar, am 28. März endet die Grundausbildung und das aktive Feuerwehr- und Einsatzleben beginnt! Zu diesem Zeitpunkt wurde schon die Entwicklung der Pandemie beobachtet und auch im Wetteraukreis wurden schon täglich Sitzungen über die Entwicklungen und Auswirkungen durchgeführt. Durch die, zum damaligen Zeitpunkt erkennbare rasante Ausbreitung der Infektionen, wurde von allen Anwesenden die Entwicklung nicht ansatzweise erkannt beziehungsweise eingeschätzt.

Nur einen Tag nach der Eröffnung des Grundlehrgangs wurde durch das Land Hessen, als Träger der landesweiten Ausbildungen der ehrenamtlichen Feuerwehren, ein Erlass veröffentlicht, dass die zentrale Ausbildungsstätte in Kassel, die Landesfeuerwehrschule in Hessen, den Schulbetrieb einstellt. Die Lehrgänge auf Landkreisebene sind mit sofortiger Wirkung abzubrechen und auf unbestimmte Zeit einzustellen. Der Ausbildungs- und Übungsdienst auf kommunaler Ebene ist ebenfalls einzustellen, da durch den direkten Kontakt der Einsatzkräfte untereinander eine Ausbreitung der COVID-19 Infektion nicht auszuschließen ist. Diese Maßnahmen dienen dem gesundheitlichen Schutz aller Mitglieder, aber auch der Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der kommunalen Feuerwehren.

Die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der 25 Wetterauer Kommunen hat oberste Priorität. Denn stellen Sie sich vor, ein Hilfeersuchen kann in der gesetzlichen Hilfsfrist nicht sichergestellt werden, weil alle Mitglieder wegen einer Infektion in häuslicher Isolation sind.

Der Lockdown in den Feuerwehren hält bereits seit dem 12.03.2020 an. Dies stellt auch die kommunalen Feuerwehren und deren Führungskräfte vor neue und große Herausforderungen. So wurden seit dem 12. März bereits die Ausbildungen von 322 Kameradinnen und Kameraden im Bereich der Grundausbildung, der Truppführer- und Maschinistenlehrgänge, der Funk- und Atemschutzgeräteträgerlehrgänge wegen der Pandemie ausgesetzt. Dies hat, neben den nicht absehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen, auch Einfluss auf die zukünftigen Mitgliedschaften in den kommunalen Feuerwehren.

Eine große Anzahl an Teilnehmerwünschen an Ausbildungslehrgängen an der Hessischen Landesfeuerwehrschule können ebenfalls nicht sichergestellt werden.

Die Einschränkungen haben ebenfalls Auswirkungen auf den Ausbildungs- und Übungsdienst in den kommunalen Feuerwehren. Dieser wurde bis zu 11. Mai in der gewohnten Weise ebenfalls ausgesetzt. Seit dem 11.05. werden Empfehlungen zur Art der Durchführungen von Ausbildungs- und Übungsdiensten herausgegeben. Zwar besteht weiterhin eine Einschränkung bezüglich der Anzahl der Teilnehmer, jedoch können Dienste unter Beachtung der bestehenden Hygienevorschriften wieder durchgeführt werden.

Nach aktueller Mitteilung des Landes Hessen, als oberste Brandschutzaufsichtsbehörde, ist die Wiederaufnahme des Ausbildungsdienstes nach den Sommerferien geplant. In welchem Rahmen die Ausbildung durchgeführt werden kann, wird derzeit erarbeitet. Hier muss jedoch leider erwähnt werden, ob und in welcher Weise eine Kompensation der ausgefallenen Ausbildungen von derzeit 322 Kameradinnen und Kameraden erfolgen kann, ist nicht sicher. Neben den Einschränkungen der Ausbildung- und Übungsdienste ist weiterhin zu erwähnen, dass die turnusmäßigen kommunalen Versammlungen aller Feuerwehren ausgesetzt wurden.

Ein weiterer fester Bestandteil des „Feuerwehrhalbjahres“ ist der Kreisentscheid der Hessischen Feuerwehrleistungsübung im Mai jeden Jahres in Echzell. Üblicherweise üben hierfür im Durchschnitt 22 Mannschaften um ihr Fachwissen und Können zu vergleichen, und so über die Bezirks- zur Landesmeisterschaft zu gelangen. Auch diese Herausforderung ist für die Kameradinnen und Kameraden in diesem Jahr abgesagt.

Nicht zu vergessen ist aber auch das kulturelle Leben in der Bevölkerung und in den Feuerwehrfördervereinen. Auch hier wurden die Aktivitäten von 100 auf 0 zurückgefahren. Die traditionellen Veranstaltungen der Fördervereine sind bis heute ebenfalls abgesagt. Wie sich diese Einschränkungen auf die finanzielle Förderung des örtlichen Brandschutzes auswirken, ist ebenfalls noch nicht abzusehen.

Trotz der beschriebenen Einschränkungen und Herausforderung seit der Corona-Pandemie möchte ich aber erwähnen, dass auch in dieser Situation und Lage die kommunalen Feuerwehren, Fördervereine und alle Mitgliederinnen und Mitglieder wieder ihre Kompetenz und spontane Anpassung an „neue Lagen“ gezeigt haben. Ob es eine Nutzung der digitalen Medien in Form von theoretischen Ausbildungen über Videokonferenzen, oder die Bereitschaft für die weitere Sicherstellung der Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger zu sorgen ist.

Trotz aller Einschränkungen, die uns alle im privaten, beruflichen oder im „Feuerwehrleben“ dieser Pandemie ereilt haben, die Gesundheit und Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger ist immer im Fokus aller Entscheidungsträger. Das wichtigste ist, dass Entscheidungen getroffen werden, um in der Fachsprache der Feuerwehren „Vor der Lage“ zu sein.

Entscheidungen im Nachgang zu hinterfragen ist einfacher, als in der Situation zu entscheiden.

Vielen Dank!

Mit kameradschaftlichen Grüßen

Lars Henrich
Vorsitzender Kreisfeuerwehrverband
Kreisbrandinspektor