16.07.2009 - Atemberaubender Katastrophenschutz - Feuerwehren wegen Wartungsmängeln nicht einsatzbereit - Gesundheit der Feuerwehrleute fahrlässig aufs Spiel gesetzt?
(rwi) - Im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree wurden die meisten Atemschutzgeräte der Feuerwehren nicht turnusmäßig gewartet worden. Der Landkreis sei ein Vierteljahr darüber informiert gewesen, habe aber nichts unternommen.
Die nachfolgenden Berichte stammen von verschiedenen Quellen. Bitte beachten Sie das Erscheinungsdatum - jung oben, älter weiter unten.
Sechs Feuerwehren wegen Wartungsmängeln nicht einsatzbereit
16.07.2009 - Im Landkreis Oder-Spree sind 500 Atemgeräte der Freiwilligen Feuerwehren offenbar Jahre lang nicht wie gesetzlich vorgeschrieben gewartet worden. Wie die «Märkische Oderzeitung» (Donnerstagausgabe) berichtet, sind sechs Feuerwehren aus diesem Grund derzeit nicht einsatzbereit. Der Landkreis sei seit einem Vierteljahr über das Sicherheitsrisiko informiert, habe aber nichts dagegen unternommen.
Ordnungsdezernent Eckhard Fehse sagte dem Blatt, dass eine Grundüberholung der Geräte im Jahr 2003 fällig gewesen wäre. Das feuerwehrtechnische Zentrum des Kreises, das die regelmäßige Wartung der Geräte nach Einsätzen durchführe, habe die Geräte dennoch immer wieder an die Wehren herausgegeben. Das heißt dem Bericht zufolge, dass die Feuerwehrleute seit Jahren mit teils nicht mehr zugelassener Atemschutztechnik ausgerückt sind.
© ddp
Quelle: Berlin Online vom 16.07.2009
Landkreis Oder-Spree ohne Feuerwehr
15.07.2009 - Mittlerweile haben sich sieben Feuerwehren in der Region Storkow und Spreenhagen nach Recherchen von Brandenburg aktuell aus der Alarmierungskette abgemeldet und sind für Notfälle nicht mehr einsetzbar. Der Grund: Ihre Atemschutzgeräte wurden nie oder viel zu selten gewartet.
Ihre Funktionsfähigkeit ist nicht mehr gesichert. Betroffen aber könnte der ganze Landkreis Oder-Spree sein. Denn ein Großteil der rund 700 Atemschutzgeräte dort wurde nicht turnusmäßig in der Werkstatt überprüft. Weitere Feuerwehren drohen jetzt auszufallen.
Beitrag von Sabine Tzitschke
Dieser Text gibt den Sachstand vom 15.07.2009 wieder. Neuere Entwicklungen sind in diesem Beitrag nicht berücksichtigt.
Quelle: Brandenburg aktuell - rbb-online
Atemberaubender Katastrophenschutz
11.07.2009 - Fürstenwalde/Beeskow (MOZ) Nachdem sich am Mittwoch herausgestellt hat, dass die meisten Atemschutzgeräte der Feuerwehren im Landkreis nicht fristgemäß geprüft worden sind, hat der Landkreis bis Freitag kurzfristig Ersatz beschafft - aus Fürstenwalde, Eisenhüttenstadt und Märkisch-Oderland. Gegen 13 Uhr ließ Landrat Manfred Zalenga mitteilen, alle Wehren seien 100-prozentig einsatzbereit. Kreis-Ordnungsamtsleiter Lothar Kaden kündigte Konsequenzen aus der schweren Panne an. Bei vielen Feuerwehren herrscht Unmut über die Schlamperei.
Beeskow (MOZ) Nachdem sich am Mittwoch herausgestellt hatte, dass die meisten Atemschutzgeräte der Feuerwehren im Landkreis nicht fristgemäß geprüft worden sind, hat der Landkreis bis Freitag kurzfristig Ersatz beschafft - aus Fürstenwalde, Eisenhüttenstadt und Märkisch-Oderland. Gegen 13 Uhr ließ Landrat Manfred Zalenga mitteilen, alle Wehren seien 100-prozentig einsatzbereit.
Detlef Korn, Chef des Kreisfeuerwehrverbandes, bleibt konsequent: "Ausgerückt wird nur mit einsatzbereiter Technik. Was keine Zulassung hat, wird nicht genommen." Man dürfe schließlich auch nicht mit einem Auto fahren, das keinen TÜV hat. Wenn Atemschutzgeräte nicht zugelassen seien, dann werde diese auch kein Feuerwehrmann verwenden. Der Selbstschutz gehe vor. Dass die Fristen für die Pflichtuntersuchungen bei den Lungenautomaten in so großem Stil überzogen wurden, sei ihm auch erst seit Mitte der Woche bekannt. Auf der Besprechnung mit dem Kreis habe man sich aber darauf verständigt, dass durch die Verwaltung umgehend Ersatzgeräte beschafft werden. Am Freitag sei er durch Ordnungsamtsleiter Lothar Kaden informiert worden, dass kurzfristig an alle Wehren Austauschgeräte gegeben werden, die man aus Nachbarkreisen erhalten habe.
Kaden bestätigte, dass die regelmäßige und fristgerechte Prüfung der Atemschutzmasken Aufgabe des Feuerwehrtechnischen Zentrums des Landkreises in Fürstenwalde ist. Dort seien ein Leiter und zwei Mitarbeiter für diese Aufgaben zuständig. Bei der Frage, wer die Panne zu verantworten hat, sei man am Anfang. "Diejenigen, die dazu etwas sagen könnten, haben sich krank gemeldet." Er habe nach den ersten Hinweisen im April oder Mai sofort ein Gutachten in Auftrag gegeben. Kaden sprach von blankem Zufall, durch den die Versäumnisse ans Tageslicht gekommen seien.
Offenbar sind aber nicht alle Feuerwehren gleichermaßen betroffen. Der Beeskower Stadtbrandmeister Bernd Giersch erklärt, dass in der Kreisstadt die gesamte Technik einsatzbereit sei. Er lasse die Atemschutzgeräte in der Landesprüfstelle für Feuerwehrtechnik in Borkheide prüfen. Dass man nach Borkheide gegangen sei, habe auch mit den Schwierigkeiten beim Kreis zu tun, so Giersch.
"Unser zuständiger Gerätewart hat mir geraten, Geld in den Haushalt einzustellen und eigene Atemschutzgeräte zu kaufen. Das haben wir gemacht und in diesem Jahr zehn Stück angeschafft", sagt Karsten Schwebe, in Tauche für die Feuerwehren zuständig. Für Schwebe liegt die Hauptschuld der Misere beim Landkreis. "Dort wird seit Jahren der Feuerwehrhaushalt immer mehr zusammengedrückt, die Werkstatt in Fürstenwalde ist mit zwei Mann völlig unterbesetzt." Auch in Storkow sieht es noch relativ gut aus. "Wir haben in der Storkower Wehr zehn Geräte, die komplett einsatzbereit sind", sagt Stadtwehrführer Frank Ebert. Davon seien sechs vor zwei Jahren neu angeschafft. Die etwa 30 Atemschutzgeräte aus den Wehren in den Ortsteilen dürften allerdings nicht mehr eingesetzt werden. Diese Mitteilung habe er am Freitag früh vom Kreis erhalten, so Ebert. Gleichzeitig seien seitens des Kreises sechs einsatzfähige Atemschutzgeräte bereit gestellt worden. Damit gibt es für den gesamten Stadtbereich von Storkow derzeit 16 Atemschutzgeräte. Das seien genügend Geräte für die Erstversorgung, doch etwas Großes passieren dürfe nicht, betont der Stadtwehrführer.
Die Feuerwehr in Eisenhüttenstadt, wo drei Viertel der rund 100 Einsatzkräfte ausgebildete Atemschutzgeräteträger sind, hat seit 1977 eine eigene Werkstatt . Dort werden die 70 Atemschutzgeräte regelmäßig gewartet. "Wir halten dabei die gesetzlichen Vorschriften ein", versichert Stadtwehrführer Harald Hahn. Neben den Pflichtuntersuchungen in der Landesprüfstelle Borkheide gebe es noch Wartungstermine beim Gerätehersteller in Lübeck. Auf das Problem der anderen Wehren hat die Eisenhüttenstädter Stützpunktfeuerwehr reagiert und am Freitag kurzerhand 15 Geräte an die Friedländer Wehr ausgeliefert.
Von Olaf Gardt, Uwe Stemmler und Joachim Eggers
"Die Aufregung war riesig", sagte am Freitag der Leiter des kreislichen Ordnungsamts, Lothar Kaden, der auch für die Feuerwehren zuständig ist. Am Mittwoch hatte sich bei einer Beratung der Amts- und Gemeindewehrführer mit den Behörden des Landkreises herausgestellt, dass die meisten sogenannten Lungenautomaten nicht eingesetzt werden dürften, weil sie nicht rechtzeitig überprüft worden waren. Wie Kaden hervorhob, ist damit keine Aussage über die tatsächliche technische Leistungsfähigkeit der Atemschutzmasken getroffen. Aber rechtlich ist der Einsatz solcher Geräte nicht zulässig.
Daraufhin setzte offenbar ein hektischer Krisensitzungs-Marathon ein. Am Donnerstag, als das Problem auch der MOZ bekannt wurde, waren weder Ordnungsamt noch Kreisbrandmeister für Nachfragen zu erreichen, auch am Freitagvormittag ging lange nichts, bis Kaden Stellung nahm. Es würden kurzfristig Ersatzgeräte entsprechend den Meldungen der Wehren verteilt, dabei greife man auf Amtshilfe des Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt, der Berufsfeuerwehr Fürstenwalde und des Nachbarkreises Märkisch-Oderland zurück. Zudem soll die Fürstenwalder Wehr in ihrer Atemschutzwerkstatt für den Kreis Geräte und Masken prüfen und gegebenenfalls reparieren. "Wir sind dazu gerne bereit und in der Lage. Unser Werkstatt auf dem modernsten technischen Stand. Außerdem haben wir zehn ausgebildete Atemschutzwarte", sagt Feuerwehrschef Jörn Müller.
Am Mittag ließ Landrat Manfred Zalenga Entwarnung geben: "Die Einsatzbereitschaft aller Feuerwehren im Landkreis Oder-Spree ist 100-prozentig gewährleistet." Für Nachfragen war Zalenga am Freitag nicht erreichbar, sein Vize Eckhard Fehse, ebenfalls Anwärter auf den Landratsposten und verantwortlicher Dezernent, trotz mehrfacher Nachfrage ebenfalls nicht.
Kaden bestätigte, dass die regelmäßige und fristgerechte Prüfung der Atemschutzmasken Aufgabe des Feuerwehrtechnischen Zentrums des Landkreises in Fürstenwalde ist. Dort seien ein Leiter und zwei Mitarbeiter für diese Aufgaben zuständig. Bei der Frage, wer die Panne zu verantworten hat, sei man am Anfang. "Diejenigen, die dazu etwas sagen könnten, haben sich krank gemeldet." Er habe nach den ersten Hinweisen im April oder Mai sofort ein Gutachten in Auftrag gegeben. Kaden sprach von blankem Zufall, durch den die Versäumnisse ans Tageslicht gekommen seien.
Im Regelfall, so Kaden, kommen die Lungenautomaten nach einem Einsatz in die Werkstatt, werden dort gewaschen und durchgeprüft. Das Problem sei jetzt bei den Geräten entstanden, die jahrelang nicht benutzt wurden. Auch sie seien zum Teil geprüft worden, aber nicht alle in dem aufwändigeren Verfahren, das für den TÜV erforderlich ist. "Leib, Leben und Gesundheit wären nie gefährdet gewesen", so der Ordnungsamtsleiter.
Da gibt es freilich auch andere Sichtweisen. "Wenn bei einem technisch einwandfreien Auto der TÜV abgelaufen ist, sagt auch jeder Staatsanwalt und jede Versicherung bei einem Unfall, dass man den Schaden alleine zahlen darf", so ein Wehrführer. Detlef Korn, Chef des Kreisfeuerwehrverbandes, schlug in die gleiche Kerbe. Wenn Atemschutzgeräte nicht zugelassen seien, dann werde diese auch kein Feuerwehrmann verwenden. Der Selbstschutz gehe vor. Von dem Problem, dass die regelmäßige Erneuerung der Lungenautomaten nicht eingehalten werden könne, wisse er schon seit einem halben Jahr, so Karsten Schwebe, der Gemeindewehrführer der Großgemeinde Tauche. Die Gemeinde hat eigene Geräte angeschafft. Für Schwebe liegt die Hauptschuld der Misere beim Landkreis. "Dort wird seit Jahren der Feuerwehrhaushalt immer mehr zusammengedrückt, die Werkstatt in Fürstenwalde ist mit zwei Mann völlig unterbesetzt."
Die Feuerwehren sind zu 100 Prozent einsatzbereit, meldet der Landrat. Also alles in Butter? Was sei denn schon dabei, wenn die Atemschutzgeräte nicht überprüft sind - es werde schon nichts passieren, soll Lothar Kaden bei der Beratung der Wehrführer gesagt haben. Wozu werden dann Vorschriften erlassen? Die Gesundheit der Feuerwehrleute wurde fahrlässig aufs Spiel gesetzt.
Man wird den Eindruck nicht los, dass hier eine große Schlamperei vertuscht werden soll. Wie vor fünf Jahren, als Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen im Rettungsdienst vor Gericht landeten. Damals war der Sündenbock schnell ausgemacht, der Leiter des Eigenbetriebes. Die Richter sprachen ihn frei - auch mit Hinweis auf die Verantwortung der Vorgesetzten. Uwe Stemmler
Quelle: Märkische Oderzeitung - moz.de