08.06.2011 - Reichelsheim-Weckesheim - Polizei nimmt am Dienstag zwei Jugendliche fest
Nachdem es am Dienstagmorgen in Weckesheim zum neunten Mal innerhalb eines Monats gebrannt hat, hat die Kriminalpolizei noch während der Löscharbeiten zwei Tatverdächtige aus den Reihen der Helfer festgenommen.

Dabei handelt es sich um zwei Jugendliche aus Reichelsheim, 17 und 18 Jahre alt. Momentan gehe die Polizei davon aus, dass die beiden für die gesamte Brandserie verantwortlich seien, sagte der Pressesprecher der Polizei, Jörg Reinemer.

Die Beamten hätten die beiden bereits seit einigen Tagen im Visier gehabt. „Sie haben einen Bezug zu Weckesheim.“ Zu einem Motiv der jungen Männer könne er derzeit noch nichts sagen. Sie würden weiter verhört. In einer ersten Vernehmung seien die Verdächtigen größtenteils geständig gewesen.

Offene und verdeckte Ermittlungen hätten dazu geführt, dass die beiden in den Fokus gerieten. In Weckesheim habe es eine sehr hohe Bereitschaft der Bevölkerung gegeben, Aussagen zu machen. „Die Leute wollten helfen, die Täter zu finden“, sagte Reinemer.

Am Dienstag stand am Feldrand ein Schuppen mit Holzunterstand in Flammen. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 5000 Euro. Gegen 7.15 Uhr wurden die Feuerwehrleute alarmiert. Diesmal mussten alle sechs Reichelsheimer Wehren und die Kollegen aus Bad Nauheim ausrücken, denn im Feld gibt es keine Hydranten, aus denen die Helfer Löschwasser entnehmen können. Mit Tanklöschfahrzeugen und Wasserfässern karrten die Feuerwehrleute im Pendelverkehr das Wasser zur Einsatzstelle.

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Blick über die Einsatzstelle: Mit Tanklöschfahrzeugen und Wasserfässern wird Wasser zur Einsatzstelle gebracht.

Polizisten in Zivil beobachteten die Arbeiten, ermittelten, befragten den Besitzer des Schuppens. Auch bei diesem Feuer deute alles auf Brandstiftung hin, sagte Reinemer. Noch während die Feuerwehrleute rackerten, um das Aufkeimen der Flammen zu verhindern, und sich um eine verstopfte Pumpe kümmerten, entschieden die Ermittler, die beiden Tatverdächtigen festzunehmen.

Entsetzt beobachteten die Feuerwehrleute, dass die Jugendlichen zu den Beamten kommen sollten und zur Dienststelle mitgenommen wurden. „Für uns ist das der Super-GAU, das trifft ins Mark“, erklärte Kreisbrandinspektor Otfried Hartmann. Viele Stunden investierten die ehrenamtlichen Feuerwehrleute in die Ausbildung und erklärten den Jugendlichen, was die Arbeit in der Feuerwehr bedeute, welche Verantwortung von ihr ausgehe, den Bürger zu schützen, Brände zu verhindern. „Wir sind wie paralysiert, das schockt alle“, gab Hartmann zu.

Noch beim Eintreffen an der Brandstelle hatte er erklärt, dass die Statistik bei Brandstiftungen gegen Feuerwehrleute als Zündler spreche, allerdings sei das bei Brandserien anders, erläuterte er. Hier würden öfters Feuerwehrkameraden als Verursacher überführt. Sollte sich der Tatverdacht gegen die beiden jungen Männer bestätigen, „werden sie aus der Feuerwehr ausgeschlossen, eine zweite Chance gibt es nicht“, machte Hartmann deutlich. „Brandstifter gehören nicht in unsere Organisation.“ Der Imageverlust sei riesig. Schlimm sei es, dass nun gesagt werde: „Wir haben es gleich gewusst, da steckt ein Feuerwehrmann dahinter.“ Dieser Fingerzeig schmerze die Feuerwehrleute. „100 haben gelöscht, sich Anerkennung verdient, das fällt weg, weil vermutlich zwei zu Tätern wurden“, bedauerte Hartmann. Solange den beiden Verdächtigen nichts nachgewiesen werden könne, gelte jedoch die Unschuldsvermutung, eine Vorverurteilung dürfe es nicht geben. „Die Beamten schienen sich allerdings ziemlich sicher“, sagte er.

Ungeachtet der Ermittlungen der Kriminalpolizei gingen die Arbeiten an der Einsatzstelle weiter, um ein Aufflackern des Feuers und ein Übergreifen auf einen weiteren Schuppenteil zu verhindern. „Wir müssen unser Programm abspulen“, erklärte Stadtbrandinspektor Michael Paulencu. Die Feuerwehrleute arbeiteten sehr gut zusammen, lobte er.

Seit Anfang Mai brannte es in dem 1100-Einwohner-Ort bereits acht Mal, zuletzt gingen am Montagmorgen eine Gartenhütte und ein Holzlagerplatz in Flammen auf. Davor hatten die Feuerwehrleute einige Wald- und Abfallbrände am Angelteich zu löschen, der größte Einsatz wurde Mitte Mai registriert. Damals brannte im Ortskern eine Scheune, der Dachstuhl eines benachbarten Wohnhauses wurde beschädigt.

Heuvorräte, Landmaschinen und Holzvorräte, die in der Feldscheune am Ortsrand von Weckesheim lagerten, wurden ein Raub der Flammen.

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Feuerwehrmänner der Reichelsheimer Wehr legen abschließend einen Schaumteppich
über die Brandstelle.

Text: Kreis-Anzeiger vom 08.06.2011
Bilder: Alexander Hitz, WF FF Reichelsheim