13.09.2008 - Drachengas schult 70 Feuerwehrfrauen und -männer aus Florstadt und Reichelsheim.

Reichelsheim/Florstadt - Nachdem in den letzten Jahren in den Neubaugebieten immer mehr Flüssiggasanlagen installiert wurden, darunter eine zentrale Anlage in Reichelsheim für das Neubaugebiet "Auf der Oberbeunde", war es dem Reichelsheimer Wehrführer Alexander Hitz ein Bedürfnis seine Mannschaft im Umgang mit dem Gas intensiv zu schulen. Der Zufall spielte mit: Über einen Bekannten entstand Kontakt zu der Frankfurter Firma Drachengas, die genau solche Schulungen für Feuerwehren anbietet - und das für bis zu 100 Feuerwehrleute. Aus diesem Grund nahmen die Reichelsheimer die Florstädter Kameraden mit ins Boot. Nach einigen Vorgesprächen stand der Termin und die Lokalität für die Schulung.

Am Samstagmorgen trafen sich 70 Feuerwehrfrauen und -männer im Reichelsheimer Stadtteil Heuchelheim und wurden vom stellvertretenden Stadtbrandinspektor Bernd Philippi und Florstadts Stadtbrandinspektor Friedhelm Schmidt im Dorfgemeinschaftshaus begrüßt. Es folgte ein äußerst interessanter Unterricht, den die beiden Drachengas-Ausbilder Andreas Kremer und Andreas Stoll mit allerhand Versuchen eindrucksvoll gestalteten. Nach einer kurzen Vorstellung der Firma Drachengas wurden Einsatzbereiche von Propangas erläutert. Rund 2000 Anwendungsmöglichkeiten gibt es für Propangas, trotzdem deckt es nur weniger als 1 Prozent des deutschen Energiebedarfes. Weiter erfuhren die Feuerwehrleute, daß die Betreiber der Anlagen verantwortlich für deren Wartung sind und auf keinen Fall die Wartungskosten sparen sollten, wie anschaulich am Beispiel eines explodierten Wohnhauses in Schwickartshausen gezeigt wurde. Die Ausführungen zogen sich weiter über die Eigenschaften von Propangas und den davon ausgehenden Gefahren, sowie den daraus resultierenden Sicherheitsanforderungen. In verschiedenen Experimenten bewiesen Kremer und Stoll die zuvor erläuterten Eigenschaften des Gases und demonstrierten beispielsweise die obere und untere Explosionsgrenze. Reines Propangas in einem Glaszylinder ließ sich nicht entzünden, ein passendes Gas-Luft-Gemisch aber schoß bei dessen Entzündung einen Softball meterweit durch den Raum. Nach den Ausführungen der Ausbilder reicht der Inhalt einer 5 Kilogramm Propangasflasche aus, um den Keller eines Wohnhauses mit einem zündfähigen Gemisch zu füllen. Aus einem Liter flüssigem Propan erhält man 260 Liter Propangas. Bei 1,7 Vol-% Anteilen in der Umgebungsluft ergibt das die stattliche Menge von mehr als 15 Kubikmetern zündfähigem Gemisch. Gezeigt und erklärt wurden auch entsprechende Gaswarngeräte und deren Einsatz. Interessant waren die Ausführungen über die Dampfdruckkurve und die Funktion der Sicherheitsventile bei Gasanlagen. Wertvoll waren für die Einsatzkräfte die Erkenntnisse, wann das Kühlen eines Behälters noch angebracht ist und wann nicht mehr. Anschließend wurde weiter auf Einsatzmaßnahmen wie Absperren, Entfernen von Zündquellen, Umlenken der Flammen und dem Hinzuziehen von Fachpersonal eingegangen. Hier steht den Feuerwehren der Flüssiggas Sicherheitsdienst (FSD) zur Verfügung, der über die Leitstelle alarmiert werden kann. Der FSD bietet ähnlich wie TUIS eine telefonische Beratung, eine Beratung vor Ort und die aktive technische Hilfe an der Einsatzstelle an. Sofern die Flammen nicht unkontrollierbar werden und sie die Umgebung nicht weiter gefährden, sollte man Propangas brennen lassen. "Brennendes Gas ist das sicherste Gas", erläutert Kremer. "Tritt eine Gaswolke aus, wird sie unkontrollierbar."

Nach einer Frühstückspause wechselten die Feuerwehren zur praktischen Ausbildung auf das Gelände der ZAAG in Heuchelheim. Hier hatten die Mitarbeiter von Drachengas bereits mehrere Stationen aufgebaut. In drei Gruppen vermittelten sie praktisches Wissen. Zum einen wurde an einem aufgeschnittenen Gastank, wie er bei haushaltsüblichen Flüssiggasanlagen üblich ist, dessen Funktion und Sicherheitseinrichtungen erklärt. Weiter wurde an einer Propangasflasche das Löschen eines austretenden Flüssiggasstrahls mit Feuerlöschern geübt. Die dritte Station war ein Flüssiggastankwagen. Hier wurden die Be- und Entlade- sowie die Sicherheitseinrichtungen des 10 Tonnen Propangas (etwa 20.000 Liter) fassenden Fahrzeugs vorgestellt. Eine weitere Übung zeigte das Ansprechen des Sicherheitsventils eines kleinen Flüssiggastanks. Dieser wurde mit Hilfe eines Brenners erhitzt. Ein weiterer Brenner entzündete oberhalb des Tanks das ausströmende Gas des Sicherheitsventils. Aus sicherem Abstand konnten die Feuerwehrleute die Druckverhältnisse im Inneren des Behälters an drei Manometern ablesen. "Wasser marsch" rief Ausbilder Andreas Kremer den beiden Trupps zu, die mit zwei Strahlrohren anfingen den Tank zu kühlen. Relativ schnell war auf den Manometern abzulesen, dass der Druck dadurch weniger wurde und das Sicherheitsventil dann schloss.

Höhepunkt der praktischen Ausbildung war auf jeden Fall das Löschen der großen Propangasfackel. Hierzu wurde flüssiges Propangas über den Tanklastwagen unter Druck in die Luft geblasen und entzündet. Anschließend hatten bis zu vier Trupps mit drei C- und später auch einem B-Rohr die Aufgabe die 15 Meter hohe Flamme zu löschen. Das war eine nicht gerade  einfache Herausforderung für die Feuerwehrleute und gelang erst nach mehreren Anläufen. Die Wasserversorgung wurde dabei über das Reichelsheimer LF16/12 und das Florstädter TLF 16/24 sichergestellt. "Dieser Fall ist sicherlich nicht sehr realistisch", betonte Andreas Kremer, "andererseits ist es eine gute Übungsmöglichkeit für die Feuerwehren".

Sowohl aus Feuerwehrkreisen, als auch aus Sicht der Drachengas-Ausbilder, wurde die Veranstaltung für erfolg- und lehrreich empfunden. Interessierte Feuerwehren können sich auf der Drachengas-Homepage über eine solche Schulung informieren.


Text und Bilder: Alexander Hitz, Wf FF Reichelsheim


Flüssiggasschulung
Mit vielen interessanten Versuchen, wie hier der Darstellung der Druckverhältnisse beim Erwärmen einer Propangasflasche, sorgten die beiden Ausbilder Andreas Stoll (links) und Andreas Kremer für einen kurzweiligen Unterrichtsteil.


Flüssiggasschulung
Der Versuch zeigt es: Wird Propangas mit Sauerstoff verwirbelt, kommt es zu einer heftigen Reaktion.

 

Flüssiggasschulung
Entspannt lässt Andreas Kremer aus einer Propangasflasche austretendes Gas verbrennen und nimmt den Feuerwehrmänner und -frauen damit die Angst davor: "Das sicherste Gas ist brennendes Gas".

 

Flüssiggasschulung
Mit Feuerlöschern wurde das Löschen eines brennenden Propangasstrahls geübt.

 

Flüssiggasschulung
Andreas Kremer bestätigt die Theorie in der Praxis: Bei -42 °C ist Propan flüssig. Eine in das Propan eingetauchte Nelke zerbröselte, als ob sie vertrocknet wäre.

 

Flüssiggasschulung
An einem Flüssiggas-Tankwagen wurde die Sicherheitseinrichtungen und auch der Kompressor, mit dem die Möglichkeit besteht einen Gastank zu leeren, erklärt.

 

Flüssiggasschulung
Mit einem kleinen Propangastank wurden die Druckverhältnisse bei Erwärmung mit Manometern verdeutlicht. Das Sicherheitsventil hat bereits angeschlagen, Kevin Menk und Silke Marloff warten auf die Anweisung des Ausbilders um mit dem Kühlen zu beginnen.

 


Wasser marsch: Zwei Trupps kühlen den Tank mit je einem C-Strahlrohr. An den Manometern zeigt sich schnell, dass der Druck nachlässt.

 

Flüssiggasschulung

Höhepunkt der Schulung war das Löschen einer 15 Meter hohen Propangasflamme. Ein Szenario, das in der Praxis so nie vorkommen wird, aber deutlich zeigte wie schwierig eine solche Flamme zu kühlen und zu löschen ist.

 

Flüssiggasschulung
70 Feuerwehrfrauen und -männer ließen sich im Umgang mit Propangas von den Mitarbeitern der Firma Drachengas in Heuchelheim schulen.