15.10.2009 - Wölfersheim (sto). Am frühen Dienstagabend heulten die Sirenen. Die aufgeschreckten Bewohner vernahmen wenig später die Martinshörnern und sahen die Blaulichte auf den Feuerwehr- und DRK-Fahrzeugen, die in Richtung Rathaus und Wetterauhalle fuhren. Am Parkplatz erwarteten Gemeindebrandinspektor Roland Bender und sein Vertreter Joachim Damm die Einsatzkräfte. Sechseinhalb Minuten nach der Alarmierung traf die erste Gruppe der Kerngemeinde-Wehr unter Thomas Küchenmeister ein und erfuhr von einem Chemieunfall in der Firma Staude unterhalb der Wetterauhalle.

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Ein Atemschutzträger mit leichtem Vollschutzanzug hat ein »Opfer« gerettet, links der für die Information der Bürger zuständige Bürgermeister Rouven Kötter.

Natürlich handelte es sich um eine Übung - der ein dramatisches Szenario zugrunde lag: Beim Verladen waren mehrere Behälter umgestürzt und 25-prozentige Ammoniaklösung sowie Entwicklerflüssigkeit entwichen. Das Ammoniak gaste sofort an der Luft, das Gebäude wurde eingenebelt und durch ein offenes Fenster gelangte der Nebel auch nach draußen. Im Lager wurden vier Mitarbeiter durch Einatmen des Gases verletzt und erlitten Verätzungen an der Haut, auch schafften sie es nicht, sich durch das vernebelte Gebäude in Sicherheit zu bringen. Vier weitere Mitarbeiter der Firma waren im Sozialraum eingeschlossen.

Nach einer Viertelstunde waren die alarmierten Wehren aus Wölfersheim, Melbach, Wohnbach und Berstadt sowie die Schnelle Einsatzgruppe Ost des DRK aus Wölfersheim, Münzenberg, Reichelsheim und Florstadt komplett vor Ort. Lediglich in Södel war zunächst - vermutlich aufgrund eines technischen Defekts - keine Alarmierung erfolgt. Erst der zweite Alarm erreichte die Södeler Wehr, die dann auch wenig später eintraf.

Die Einsatzleitung hatte Wehrführer Thorsten Metz. Bei dem Einsatz galt es gleich mehrere Schwerpunkte zu setzen: Menschen retten, ausgetretene Gefahrstoffe als Gas und Flüssigkeit binden, ihren Eintritt in die Kanalisation verhindern, die Nachbargebäude schützen. Des Weiteren mussten die Wehrleute vor Verunreinigung mit Chemikalien geschützt werden. Bürgermeister Rouven Kötter und der kommunale Sachbearbeiter für das Feuerwehrwesen, Thorsten Höhne, sorgten vor Ort für die Information der Bevölkerung und der Mitarbeiter der Kläranlage.

Die Wölfersheimer Wehr nahm sich gleich der Bergung des Gefahrguts und der Menschenrettung an. Dabei halfen ihnen die beiden Wehren aus Melbach und Södel und übergaben die mit Hilfe der Atemschutzträger Geretteten Personen ans DRK, das sein Versorgungslager im Feuerwehrhaus an der Seestraße aufgeschlagen hatte. Derweil übernahm die Berstädter Wehr die Abschirmung der Nachbargebäude durch Niederschlagen der Dämpfe mittels Sprühstrahl sowie das Abdichten der Kanaleinläufe. Mitglieder der Berstädter und der Wohnbacher Gruppe bauten zudem einen Dekontaminierungsplatz für die Chemieschutzanzugsträger sowie eine Auffangwanne mit einer Plane auf.

Trotz des verpäteten Eintreffens der Wehrleute aus Södel war die Wehrführung mit dem Ablauf der Übung zufrieden. Durch diese technische Panne sei der geplante Übungsverlauf beeinträchtigt gewesen, dennoch sei die Aufgabe bewältigt worden. Joachim Damm wies zudem auf die Ferienzeit hin, in der sogar weniger Einsatzkräfte als üblich geholfen hätten - bewusst sei man an die Grenzen des Machbaren durch die fünf Ortsteilwehren gestoßen, das Gezeigte sei eine Top-Leistung. Roland Bender informierte, dass man fiktiv zur weiteren Unterstützung noch weitere Spezialkräfte aus dem Kreis angefordert habe. Der Gemeindebrandinspektor hob ferner die gute Zusammenarbeit mit dem DRK hervor. Dies unterstrich auch dessen Bereitschaftsleiter Uwe Steidel.

Bürgermeister Rouven Kötter sprach allen Wehrleuten seinen Dank aus und kündigte die Anschaffung eines Einsatzleiter-Wagens an. Sein Dank galt auch der Firma Staude für die Bereitstellung ihrer Gebäude.

Firmeninhaber Eckhard Staude betonte, dass in seinem Betrieb nur noch kleinste Mengen an gefährlichen Stoffen vorhanden seien, die in keinem Maße die Anwohner oder Mitarbeiter bei einem Austritt gesundheitlich gefährden könnten. Für den Produktionsablauf verwende das Unternehmen seit längerer Zeit schon biologische Stoffe, die die Umwelt nicht gefährdeten.

Quelle: wz vom 15.10.2009