15.09.2011 - KOLUMNE von Thomas Weege, Pressesprecher der FF Norden

Quelle: Feuerwehr-Magazin 8/2011, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Redaktion

 

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Thomas Weege

Medienvertreter, egal ob vom TV, vom Radio oder der Tageszeitung, gehören heutzutage an der Einsatzstelle einfach dazu. Dank moderner Kommunikationstechnik erreichen die Unglücksmeldungen in Windeseile nicht nur die Rettungskräfte, sondern auch die Redaktionen. Genauso schnell werden die vor Ort gesammelten Informationen und festgehaltenen Bilder dann in die weite Welt gestreut. Auch in ländliche Regionen dringen Fernsehteams, wenn sie eine gute Geschichte wittern, vor. Ein immenser lukrativer Markt ist um das Leid anderer entstanden. Sicherlich eine fragwürdige Entwicklung innerhalb der Gesellschaft, aber wir als Rettungskräfte können daran kaum etwas ändern. Wir müssen damit umgehen, sonst umgehen die Medien uns. Denn die Journalisten kommen an ihre Informationen, ob wir wollen oder nicht. Und umso weniger wir das wollen, umso schlechter kommen wir bei der Sache davon. Also müssen wir Einfluss auf die Arbeit der Medien nehmen. Das nennt sich „Öffentlichkeitsarbeit“.

Man kann sich diese Form von „Öffentlichkeitsarbeit“ mit den Medien wie die Erziehung eines kleinen Hundewelpen vorstellen. Lässt man den Welpen im neuen Zuhause zu lange alleine, so kratzt er die Tapeten von der Wand, knabbert das Mobiliar an und verrichtet zu guter Letzt sein Geschäft auf dem Teppich. Wenn Sie dann nach Hause kommen und die Bescherung sehen – und diese wohl oder übel wieder beseitigen müssen – werden sie relativ unerfreut gucken.

Und genau so ein Gesicht machen Sie eventuell auch als Einsatzleiter oder Wehrführer, wenn Sie bei einem Einsatz die Medien vernachlässigen und am nächsten Tag die Zeitung aufschlagen. „Was haben die denn da für einen Sch… geschrieben“, kommentieren Sie beispielsweise die Bildunterschrift eines Fotos, auf dem Ihre Einsatzkräfte mit Händen in der Tasche am Rande der Einsatzstelle stehen.

Was ziehen wir für Lehren für die Hundeerziehung nach der Beseitigung des Chaos? Waldi-Junior darf erst einmal nicht so lange alleine bleiben. Wenn er dann alleine ist, dann kriegt er ein Gebiet abgesteckt, in dem er sich frei bewegen darf, aber kein Unheil anrichten kann. Zur Beschäftigung gibt es ein Spielzeug. Und wenn alles gut geklappt hat und die Wohnung bei der Rückkehr in einem akzeptablen Zustand ist, dann gibt’s nach einer freudigen Begrüßung für den Vierbeiner eine Belohnung, Futter kommt in den Napf. Danach bekommt Fiffi seinen lang ersehnten Spaziergang, natürlich zunächst an der Leine. Der kleine Hund wird sicherlich auch testen wollen, ob er nicht doch der Stärkere ist. Doch da muss Herrchen konsequent gegenhalten.

Der junge Hund wird sich dies merken und diese klaren Regeln zu schätzen wissen. Er benimmt sich immer besser, so dass die Regeln nach und nach gelockert werden können. Das trägt wiederum sehr zur Entspannung von Herr- und Frauchen bei.

Münzen wir dies nun auf den Umgang mit Medien um. Medienvertreter an der Einsatzstelle müssen ebenfalls ihren Bewegungsraum zugewiesen bekommen. Von dort dürfen sie fotografieren oder Filmaufnahmen anfertigen. Nach kurzer Zeit bekommen die Reporter erste gesicherte Informationen. Der oder die Reporter sind erst einmal wieder zufrieden und haben Input bekommen.

Dann werden die Damen und Herren der Presse mit Informationen „satt gemacht“. Sie bekommen nun mit allen beteiligten Organisationen abgestimmte Informationen. Als „Spaziergang“ gibt es vielleicht noch eine kleine Führung am Rand der Einsatzstelle, bei der die Arbeit der Rettungskräfte verständlich rübergebracht wird. So erhalten Sie eine positive Darstellung in den Medien. Behalten Sie diese Prozedere einige Zeit bei und das Verhältnis, zumindest zu den regionalen Medienvertretern, wird sich enorm verbessern. Die Journalisten werden sich freuen, Sie zu sehen, und werden auf Sie zugehen. Dieses freudige Ergebnis können Sie dann wiederum optimal für Ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzen, zum Beispiel für Mitgliederwerbung, Sponsoring, Imagesteigerung in der Bevölkerung und natürlich die immer wichtiger werdende politische Überzeugungsarbeit.

Doch wer soll diese verantwortungsvolle Aufgabe an der Einsatzstelle übernehmen? Der Einsatzleiter? Wohl kaum, zumindest nicht in der Anfangsphase eines Einsatzes. Also muss jemand her, der weiß, wie Feuerwehr „gemacht“ wird und wie Führungsarbeit funktioniert. Mir scheint es so, als wenn ein ausgebildeter Gruppenführer für diesen Job prädestiniert wäre. Wenn dieser selbstsicher auftritt und für die Medien greifbar ist, dann sind Sie auf einem guten Weg, sich mühevolles Abkratzen zerstörter Tapete zu ersparen.

Wird dennoch mal etwas unglücklich in den Medien dargestellt, dann scheuen Sie sich nicht, das Gespräch mit der verantwortlichen Redaktion zu suchen. Sie wollen eine gute Öffentlichkeitsarbeit, bleiben Sie konsequent bei der Erreichung dieses Ziels.

Freuen Sie sich auf einen Gang zum Kiosk, um Ihren letzten Einsatz in der Zeitung zu bewundern. Vergessen Sie dabei aber nicht, Ihren Hund mitzunehmen.