24.04.2014 – Reibungslose Verschmelzung der Feuerwehren Klein- und Groß-Karben bewährt sich bei einer Sonderprüfung

Karben (von Johannes Kohrs) – Seit 1. Januar arbeitet die neue Feuerwache Karben Mitte als Einheit. Die Zusammenlegung der Einsatzstellen Klein- und Groß-Karben bringt den Brandschützern mehr Möglichkeiten, gleichzeitig wachsen aber auch die Aufgaben.

Dumpf und entfernt klingt das Rauschen des Wassers, das aus dem lecken Ventil flutet. Nur langsam, Schritt für Schritt, kann sich Maximilian Zeifang der Pumpe nähern. Der Neunzehnjährige steckt in einem Chemikalischen-Schutzanzug (CSA) des Kreisfeuerwehrverbands Wetterau und absolviert einen Lehrgang.

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Zwei Pfüflinge meistern den simulierten Rohrbruch, bei ihrer Prüfung im Chemikalischen Schutzanzug (CSA). Fotos: Johannes Kohrs

Durch den Sichtschutz seines roten Anzugs, in dem er vor den Einflüssen seiner Umwelt luftdicht verschlossen ist, erkennt Zeifang seine beiden Feuerwehrkollegen nur schemenhaft. Gemeinsam müssen sie das Leck irgendwie schließen. Alles, was sie zur Verfügung haben, sind ihre Funkgeräte, drei Schraubschlüssel – und ihre Erfahrung als Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr.

In ähnlichen Situationen können Sekunden über Erfolg entscheiden. Doch mit mehr als 30 Kilogramm Gewicht auf dem Rücken und den klobigen, steifen Gummihandschuhen sind Schnelligkeit und Fingerspitzengefühl alles andere als selbstverständlich. Deswegen trainiert Zeifang mit zehn weiteren jungen Kameraden aus dem Wetteraukreis über zwei Tage auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr Karben Mitte.

Sicherheit ist Trumpf
Ob die Brandschützer einen Rohrbruch beheben, mit schwerem Kanister bepackt in einen Schacht steigen oder auf einer schmalen Leiter in ein Löschfahrzeug klettern müssen – was zählt, ist die höchstmögliche Sicherheit aller beteiligten Einsatzkräfte. Die erreichen sie nur durch Teamarbeit.

„Was die Teilnehmer hier leisten, geht weit über das Feuerlöschen hinaus“, betont Peter Dietz. Er überwacht die Rohrbruch-Übung von Maximilian Zeifang und seinen Kollegen mit kritischen Augen. Dreimal im Jahr leitet der Kreisausbilder und Vorsitzende der Bad Nauheimer Feuerwehr mit den Kollegen Sascha und Michael Schäfer den CSA-Lehrgang als zweiten Teil des zweiwöchigen Atemschutzgeräteträgerlehrgangs.

Einer der CSA-Lehrgänge findet regelmäßig in Karben statt. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf der Übung, auch wenn es mit dem Anzug wirklich schwer war, die Aufgaben zu meistern“, erklärt Maximilian Zeifang über sein Funkgerät, nachdem sich alle Teilnehmer wieder in der großen Halle des Gerätehauses „Am Breul“ versammeln.

Wie beim echten Einsatz mit Gefahrstoffen, etwa mit giftigen Gasen oder radioaktiven Strahlen, müssen Feuerwehrleute auf Regeln achten, um sich beim Ablegen des CSA nicht zu kontaminieren. Vorsichtig öffnet Michael Kionka (27 Jahre), der mit Zeifang seit mehr als zehn Jahren bei der Klein-Karbener Feuerwehr aktiv gewesen ist, den Reißverschluss an der Seite von Zeifangs Anzug. Dabei darf er selbst nicht in den Anzug greifen. Sonst käme sein Kollege mit dem Gefahrstoff in Kontakt.

Zeifang, der sich in voller Feuerwehrmontur mit luftdichter Atemschutzmaske, umluftunabhängigem Atemschutzgerät und Flammschutzhaube langsam aus seinem Anzug schält, steht dabei auf einer runden Kunststoffplane. Diese wird anschließend wie ein Sack um den CSA geschnürt. „Grundsätzlich gilt, der Hinweg ist der doppelte Rückweg“, sagt der stellvertretende Stadtbrandinspektor Christian Becker. Auch Zeifang hat Eile beim Ablegen seines CSA, denn seine Luft ist auf maximal 30 Minuten begrenzt.

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Der CSA nach seinem Einsatz.
 

Drei-Farben-Lehre
Da gefährliche Stoffe auch durch die Haut aufgenommen werden, muss der Kandidat nun aus dem „gelben“ Bereich, in dem er den CSA ablegt, nachdem im „roten“ Bereich bei Ernstfällen der Anzug grob mit Wasser abgespült wurde, in den „grünen“ Bereich. Von der Grobreinigung bis zum grünen Bereich vergehen meist kostbare zehn Minuten, erklärt Peter Dietz.

Wird die Atemluft knapp, könne man den Filter des Pressluftatmers wechseln und die in dem Anzug gestaute Atemluft nutzen, die noch etwa 17 Prozent Sauerstoff enthält. Durch Druckventile, die die Atemluft kontrolliert entlassen, entsteht im Anzug ein Überdruck. Dieser fördert zum Einen die Bewegungsfreiheit, weil der Anzug dadurch leicht aufgeplustert wird. Zum Anderen hat der CSA-Träger genau dadurch zusätzliche Atemreserven und folglich mehr Zeit auf seinem Rückweg.

Die sogenannten „Not-Dekons“, die Stationen, an denen die Einsatzkräfte ihre CSA wechseln, werden im Einsatz von der Nachbarkommune aufgebaut und organisiert, damit sich die alarmierte Mannschaft ganz auf ihren Einsatz konzentrieren kann. Für Karben habe das bisher oft die Truppe aus Bad Vilbel Massenheim übernommen, erklärt Christian Becker, der Einsatzleiter in Okarben ist. Jeder Standort, der Gefahrgutausrüstung hat, muss auch eine Dekon-Station haben.

„Ich bin mal mit dem CSA auf die Autobahn ausgerückt, wo bei einem Lastwagen geladene Salzsäure ausgelaufen ist“, erinnert sich Peter Dietz. Die sei ihm dann sogar noch auf seinen Sichtschutz getropft, als er von hinten unter den Laster gekrochen war. Als er mit seinem Team das Rohr endlich dicht gesetzt hatte, konnte der Lastwagen weiterfahren und den Gefahrstoff umladen. „Wir bilden die Einsatzkräfte eigentlich in der Hoffnung aus, dass sie diese Fertigkeiten nie brauchen“, sagt Dietz mit einem Schmunzeln.

Auch die Theorie birgt natürlich so ihre Tücken. Bei ihrer abschließenden Klausur müssen die jungen Feuerwehrkräfte 20 Fragen beantworten. Hauptsächlich drehen sich diese um Stoff, den sie am Vortag erlernt haben, zum Teil aber auch um Inhalte aus dem ersten Teil des Atemschutzgeräteträgerlehrgangs. Danach geht es für Zeifang und die anderen erst mal in den ersten Stock in den Versammlungssaal zum Mittagessen, dass die neue Einsatzstelle in Karben-Mitte organisiert hat.

Allseitiges Lob
„Unsere Teilnehmer haben das wirklich gut gemacht“, resümiert Kreisausbilder Dietz. Fortan wird eine jährliche Übung in Bad Nauheim zur Pflicht für die neuen CSA-Spezialisten. Dort frischen sie ihre Kenntnisse auf und trainieren für Einsätze. Der Schwerpunkt in der Anwendung der Schutzanzüge hängt von der jeweiligen Einsatzstelle ab. Als einer von insgesamt sieben Kreislehrgängen ist die CSA-Ausbildung mittlerweile fester Bestandteil der Arbeit der neuen Einsatzstelle Karben Mitte.

„Die Zusammenlegung wurde von unseren Einsatzkräften wirklich gut angenommen“, ergänzt Stadtbrandinspektor Becker. Er lobt das Engagement aller Mitglieder der Feuerwehr Karben Mitte, sowohl die Organisation wie die Verköstigung habe bestens geklappt. Die reibungslose Fusion sei auch sogenannten „X"-Übungen zu verdanken. Darin trainierten erst die Klein-Karbener Brandschützer an den Geräten der Groß-Karbener Truppe und dann vice versa.

Die Ausbildung am CSA sei eine Chance, eine schlagkräftige Einheit zu bilden, so Becker. „Für uns ist Feuerwehr ein toller Ort, um Anschluss zu finden und gemeinsam voneinander zu profitieren“, stimmt Christoph Häusler zu.

Tag der offenen Tür ist dieses Jahr am Samstag, 10. August, am Vereinsgelände Am Breul 3.

Quelle: Frankfurter Neue Presse online vom 23.04.2014