06.03.2013 - Angesichts der angespannten Finanzlage hat die Stadt Friedberg eigentlich nichts zu verschenken.

Friedberg - Trotzdem hat der Magistrat in seiner Sitzung am Montag beschlossen, eine Schenkung durchzuführen. Natürlich ist dies keine ganz gewöhnliche Schenkung, denn letztendlich wird die Stadt durch diesen Beschluss sogar Kosten sparen. Bei der Schenkung handelt es sich um das 27 Jahre alte LF 16 der Kernstadtwehr, das vorletztes Jahr außer Dienst gestellt wurde, nachdem das neue Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF) angeschafft worden war. Das alte Löschfahrzeug wurde abgemeldet und steht seit mehr als einem Jahr auf dem Hof hinter dem Feuerwehrgerätehaus. Das wird sich in absehbarer Zeit wohl ändern, denn in dem Magistratsbeschluss wurde festgelegt, das Fahrzeug dem Förderverein der Kernstadtwehr kostenlos zu überlassen, geknüpft an die Bedingung, das Fahrzeug nach Rumänien zu überführen.

In dem einstigen Ostblockland wird seit dem EU-Beitritt im Jahre 2007 der Aufbau von Freiwilligen Feuerwehren voran getrieben. Natürlich werden für die Wehren auch funktionsfähige Einsatzwagen benötigt. So soll das kreisstädtische Fahrzeug Ende April oder Anfang Mai nach Vasand, einer Stadt in der Nähe der rumänisch-ungarischen Grenze, überführt werden. Der Kontakt nach Rumänien kam über die Feuerwehr Bad Vilbel zustande. Diese führt seit 22 Jahren unter der Leitung ihres früheren Stadtbrandinspektors Gerhard Stengel Hilfslieferungen durch. „Begonnen hat alles mit der Atom-Katastrophe von Tschernobyl“ erzählt der 71-Jährige beim Besuch der Kernstadtwehr in der letzten Woche. Da wurden Kinder aus dem Katastrophengebiet zu Aufenthalten nach Deutschland geholt und viele Spenden in die Ukraine gefahren.

„Da haben wir gesehen, dass auch in Ungarn und Rumänien die Not groß war“ erzählt Stengel, der bis zu seiner Pensionierung als Leiter einer Feuerwache der Berufsfeuerwehr Frankfurt tätig war. Seit Rumänien EU-Mitglied ist, unterstützt Stengel den Aufbau der Feuerwehren und hat unter anderem eine „mobile Feuerwehrschule“ eingerichtet. Hier werden dann vor Ort Feuerwehrleute, auch von Berufsfeuerwehren, geschult, wobei deutsch sprechende Rumänen als Dolmetscher dienen. „Glücklicherweise gibt es dort noch viele Deutschstämmige“ so Stenger, der unter anderem die alte Leiter der Vilbeler Wehr nach Rumänien überführt hat. „Die ist jetzt 50 Jahre alt und ist immer noch im Einsatz“ freut sich der Vilbeler.

Unterstützt wird er bei seinen Hilfsaktionen unter anderem von Klaus Minkel (Stadtwerke Bad Vilbel), Rainer Schwarz (OVAG), Bertram Huke (ekom21), Wolfgang Potinius (Gesundheitszentrum Wetterau) und Landtagspräsident Norbert Kartmann, sowie natürlich von den Mitgliedern der Vilbeler Wehr. Einer davon ist Bastian Gramatte, der schon mehrfach Fahrzeuge nach Rumänien überführte. Der Vilbeler ist ein Arbeitskollege von Andreas Bösch, Zugführer der Kernstadtwehr. Bösch erzählte seinem Kollegen von dem stillgelegten Fahrzeug und dieser informierte Stenger, der auch schon Rettungswagen und Notarztwagen nach Rumänien gebracht hat.

Warum solche Fahrzeuge, die in Deutschland aussortiert werden, in Rumänien noch Jahre lang genutzt werden können, erklärt Stenger: „Die Rumänen haben ganz andere Vorschriften wie wir“. Und Bernd Wagner, Wehrführer der Kernstadtwehr erklärt: „Für ein 27 Jahre altes Fahrzeug, wie unser Löschfahrzeug erhält man hier kaum noch Ersatzteile. In Rumänien werden diese selbst hergestellt, was wiederum bei uns nicht gehen würde, da dann sofort die ABE erlöschen würde“. ABE, dahinter verbirgt sich die Allgemeine Betriebserlaubnis und ohne diese geht in Deutschland gar nichts. In manchem einstigen Ostblockland ist dies zumindest zurzeit noch anders.

Noch allerdings ist die Überführung des LF 16 nicht gesichert, denn diese wird, einschließlich neuer TÜV-Zulassung und einiger notwendiger kleineren Reparaturen „so um die 2000 Euro kosten“, schätzt Wagners Stellvertreter Ralf Höhmann. Diese kann und will der Förderverein natürlich nicht aufbringen. Nun hoffen die Verantwortlichen auf Unterstützung aus der Bevölkerung sowie von Firmen und Institutionen. Wer die Aktion unterstützen möchte, der sollte seine Spende auf das eigens eingerichtete Konto 869 22 428 bei der Volksbank Mittelhessen (BLZ 513 900 00), Stichwort „Feuerwehr Rumänien“ überweisen. Empfänger ist der Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Friedberg, die über jede Spende eine Spendenquittung ausstellen wird, wenn dies gewünscht wird.

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Text: Harald Schuchardt, Friedberg
Bild: Michael Bihlmeier, FF Friedberg