01.11.2012 – Betrachtungen eines Ausbilderhospitanten zum Truppführerlehrgang in Bad Nauheim

(rwi) Beim Kreisfeuerwehrverband Wetterau ist es seit vielen Jahren üblich, dass neue Ausbilderkameraden vor ihrem Einsatz zunächst erfahrenen Ausbildern zur Seite gestellt werden. Die Hospitanten sollen dabei praktische Erfahrungen machen können und sich auf das eigenverantwortliche Ausbilden einer Mannschaft vorbereiten. Bei diesem Lehrgang hospitierten Sebastian Dreifert und Dieter Nicolai. In dem nachfolgenden Bericht schildert Dreifert seine persönlichen Eindrücke.

Bad Nauheim – Die Zeiten ändern sich und die Anforderungen, die heute an freiwillige Feuerwehrleute gestellt werden auch. Die immer komplexer werdenden Aufgaben, die sich heute an einer Einsatzstelle darstellen, sind mit denen von vor 10 Jahren nicht mehr zu vergleichen. Dadurch muss auch die Ausbildung neuer angehender Führungskräfte dieser Aufgabenstellung ständig angepasst werden. In der Zeit zwischen dem 12. und dem 29. September fand in Bad Nauheim der letzte Truppführerlehrgang für das Jahr 2012 statt.

In 35 Stunden werden den angehenden Führungskräften verschiedenste Einsatzszenarien vorgegeben, die es sicher und erfolgreich abzuarbeiten gilt. Dabei wird, anschließend an eine 80-stündige Ausbildung auf Standortebene, erneut großer Wert auf praxisnahe und einsatzrelevante Ausbildung gelegt.

Aus dem gesamten Wetteraukreis hatten sich 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bad Nauheim eingefunden, denen Mut, Ausdauer und eine gehörige Portion Wissensdurst abverlangt wurde. Man mag sich wundern, was die Eigenschaft Mut in einer solchen Ausbildung zu suchen hat. Bereits am zweiten Ausbildungsabend wird dies mehr als deutlich. Dann geht es darum sich selbst, nur an einer Feuerwehrleine hängend, zu retten und sich vom Balkon des Schlauchturmes abzuseilen. Und das aus einer Höhe von immerhin 8 Metern. Anspannung ist in den Gesichtern der Teilnehmer zu sehen. Und wer nicht selbst schon einmal das Gefühl hatte, nur seiner Ausrüstung und seinen selbst angelegten Knoten vertrauen zu müssen, kann dieses etwas mulmige Gefühl vielleicht nur schwer nachvollziehen. Natürlich ist bei der Übung ein Sicherungsseil angelegt. Nur am Rande sei erwähnt, dass alle heil unten angekommen sind. Und die Gesichtszüge der Feuerwehrleute entspannten sich als sie wieder festen Boden unter den Füssen hatten.

Kaum einer derjenigen, die einmal den Einsatz der freiwilligen Feuerwehr beobachten konnten, wissen um die Ausbildung, die eine Feuerwehrfrau und ein Feuerwehrmann zu durchlaufen hat. Denn wenn sie oder er auf einem Löschfahrzeug in den Einsatz geht ist es meist nicht bekannt, was einen an der Einsatzstelle erwartet. Der Truppführerlehrgang ist der erste Führungslehrgang, den ein Feuerwehrmann durchlaufen muss, wenn er denn Verantwortung für seine Kameraden und den Erfolg an der Einsatzstelle übernehmen möchte.

Technische Hilfeleistung, ein Stichwort unter dem sich die meisten wenig vorstellen können. Dabei handelt es sich eigentlich um alle Einsätze, die nichts direkt mit einer Brandbekämpfung zu tun haben. Ein Verkehrsunfall mit den immer moderner und sicherer werdenden Fahrzeugen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten im Fahrzeug eingeklemmten Personen zu befreien. Oder auch Unfällen mit Chemikalien, die Katze im Baum und überschwemmte Keller.

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Die Teilnehmer des Lehrgangs mit den Ausbildern (li) Dieter Nicolai, Bärbel Geretschläger
und (re) Sebastian Dereifert, Stefan Rauch.

Der Atemschutzeinsatz ist der gefährlichste Part. Die Feuerwehr spritzt heute nicht mehr einfach so viel Wasser wie möglich auf eine Brandstelle. Hier ist ebenfalls Köpfchen und Knowhow gefragt. Der Angriffstrupp, so die Bezeichnung der zwei Feuerwehrleute, die als Team in das Feuer gehen, ist aufeinander angewiesen und müssen einander „blind“ vertrauen um ihre Aufgabe erfüllen zu können.

Die hessische Landesfeuerwehrschule hat in Arbeitskreisen das genaue Vorgehen in einer solchen Situation erarbeitet. Diese Richtlinie ist im Atemschutzgeräteträger-Lehrgang zu schulen. Im Truppführer-Lehrgang wird noch einmal intensiv und auch in der Praxis immer wieder darauf eingegangen. »Von dem korrekten Vorgehen hängt euer Leben und das eurer Kameraden ab«, so ein Ausbilder in dem Lehrgang. Bad Nauheim ist was diese Ausbildung anlangt ein „Traditionsstandort“, zumal hier die Atemschutzgeräte zentral gewartet werden. Das ganze Bad Nauheimer Team hat den Lehrgang logistisch unterstützt und für das leibliche Wohl der Teilnehmer hervorragend gesorgt. Gilt doch der alte Spruch: »Ohne Mampf kein Kampf!« Ein großes Lob und Danke dafür.

Für mich als angehender Ausbilder ist auch das Engagement der Teilnehmer und meiner Ausbilderkolleginnen und Kollegen erwähnenswert (Lehrgangsleiterin Bärbel Geretschäger, Volker Müller, Robert Winkler, aus dem Landkreis Gießen Stefan Rauch und Dirk Reitschmidt und dem Hospitant Dieter Nicolai). Jeder von uns hat seinen Beruf, mit dem er seine Brötchen verdient. Und doch motiviert man sich abends nochmals nach einem anstrengenden Arbeitstag. Mit voller Konzentration widmet man sich seinem „Hobby“ zum Wohle anderer in Not geratener Mitmenschen und verbringt den Abend in einem Ausbildungssaal mit seinen Kameraden. Eine ganz bewusste Entscheidung anstatt den Tag zu Hause auf dem Sofa ausklingen zu lassen.

Und nun zum Ergebnis des Truppführer-Lehrgangs: Alle 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die anschließende praktische und theoretische Prüfung mit Bravur gemeistert. Vielleicht hat man nun einen etwas anderen Blickwinkel auf die Frauen und Männer, die da kommen, wenn man die 112, den Notruf wählt.

Sebastian Dreifert, Hospitant