24.08.2009 – Aufwändige Inszenierung – Übungsziel erreicht

Stammheim – Eine undichte Gasflasche sorgte am Freitagabend bei Schweißarbeiten auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in der Hanauer Straße 6 im Florstädter Stadtteil Stammheim für eine Verpuffung mit gleichzeitiger Brandentwicklung. Die Lage war verheerend, zumal sich der Brand auf benachbarte Gebäude ausdehnte und mehrere Personen zum Teil erhebliche Verletzungen davon trugen. Durch die Verpuffung wurden ein Teil des Daches und einer Kuhstalldecke beschädigt, so dass es galt insgesamt elf Personen zu retten. Erschwerend kam hinzu, dass aufgrund eines Massenunfalls auf der Autobahn A5 bei Butzbach keine Rettungswagen zur Verfügung standen. Ein Großteil der Wehrleute war deshalb zur Erstversorgung und Betreuung der Verletzten abgestellt worden. Zwei davon mussten sogar wiederbelebt werden.

Ein Szenario, wie es jederzeit überall vorkommen kann. In diesem Fall allerdings kann Entwarnung gegeben werden, denn die Vorkommnisse entstammten der blühenden Fantasie zweier leitender Florstädter Feuerwehrleute und avancierte zum Inhalt der jüngsten gemeinsamen Alarmübung der sechs Florstädter Freiwilligen Feuerwehren am Freitag in Stammheim. Stadtbrandinspektor Friedhelm Schmidt und Stammheims Wehrführer Alexander Will hatten das Übungsdrehbuch verfasst und nicht mit notwendiger Dramaturgie gespart. Erstmals kamen in Florstadt nämlich aufwändig geschminkte Mimen zum Einsatz, deren Verletzungen nicht nur täuschend echt aussahen, sondern die auch lautstark um Hilfe riefen. „Das erhöht den Stressfaktor“, hatte SBI Schmidt im Pressegespräch erklärt, denn auch bei tatsächlichen Einsätzen werden die Wehrleute mit Verletzten konfrontiert, die laut gestikulieren und vor Schmerzen schreien. Genau wie in der Realität möglich, wirkten die „Geretteten“ verwirrt, wollten sich nicht führen oder helfen lassen. Oder wollten noch einmal zurück in die Flammenhölle, weil sie „etwas liegen lassen hatten“.

Besonders realistisch gestaltet sich die Rettung eines Opfers, das auf dem Bauch liegend und mit einem Messer im Rücken vorgefunden wurde. Trotz dieser Verletzung sollte die Person auf der Trage festgeschnallt werden, empfahlen die Fachleute vom örtlichen DRK Florstadt, die den Wehrleuten beratend zur Seite standen. Sie gaben Tipps auf einem gegenüberliegenden Sammelplatz für die Verletzten und Erinnerungshilfen in der Verletztenbetreuung und überwachten auch die Herzlungenwiederbelebung an entsprechenden Übungspuppen. 30 mal zügig auf den Brustkorb drücken und danach zweimal durch Mund oder Nase beatmen galt hier gemäß der Faustregel zu beachten.

Die Einsatzleitung hatte bei dieser Übung Markus Albus, der stellvertretende Stadtbrandinspektor, der sich unterstützt von SBI Schmidt schnell einen Überblick über die brenzlige Situation verschaffen konnte und entsprechend reagiert. Wegen der engen Ortsdurchfahrt wurde diese kurzerhand gesperrt und eine innerörtliche Umleitung eingerichtet. Nach der Alarmmeldung durch die Hausbesitzerin wurden über die Leitstelle zunächst die Feuerwehren aus Stammheim und Nieder-Florstadt alarmiert. Die Erkundung durch die zuerst eingetroffenen Gruppenführer ergab dann eine umgehende Nachalarmierung für die restlichen vier Stadtteilwehren. Ebenfalls mit vor Ort war der Einsatzleitwagen (ELW) 2 des Wetteraukreises, der die Funktion einer Leitstelle übernahm und den Funkverkehr koordinierte. Die Menschenrettung und die Brandbekämpfung übernahmen die Wehren aus Nieder-Florstadt, Ober-Florstadt und Stammheim. Die Wehrleute aus Nieder-Mockstadt übernahmen nach der Menschenrettung die Abstützarbeiten an der Kuhstalldecke.

Pikantes Detail der Übungsdramaturgie: die Schweißarbeiten wurden von Stammheimer Wehrleuten vorgenommen, die in dieser Maschinenhalle des Anwesens Nagel in der Hanauer Straße ihr historisches Feuerwehrfahrzeug der Marke Borgward untergestellt haben. Für die Wehrleute galt es demnach eigene Kameraden zu retten. Positiv überrascht von der großen Beteiligung zeigte sich Bürgermeister Herbert Unger im Rahmen der Manöverkritik im Anschluss an die Übung im Feuerwehrhaus. Der Rathauschef, der die gesamte Übung mit Argusaugen verfolgt hatte, zeigte sich beeindruckt von der engagierten Vorgehensweise der Einsatzkräfte, deren Mannschaftsstärke sich auf über 70 Wehrleute summierte. Die schwierige Lage auf dem Gelände mit Sackgassencharakter und der beengten Ortsdurchfahrt sei ein optimales Betätigungsfeld für eine Übung. Schließlich könne man sich die Einsatzorte bei echten Alarmierungen auch nicht aussuchen. Stadtbrandinspektor Friedhelm Schmidt resümierte, dass alle Übungsziele erreicht werden konnten. Die aufwändige Organisation habe sich gelohnt, so Schmidt, der großen Wert auf die Verletztenbetreuung gelegt hatte. Richtig sei zudem die Entscheidung gewesen, statt Strohpuppen echte Verletztendarsteller einzusetzen. Sehr gut seien die Wehrleute damit umgegangen. Schließlich wurde man auch Herr über eine Darstellerin, die sich mit Kinderwagen und Kleinkind als penetrante Gafferin ständig an vorderster Front aufhielt und die Arbeit der Einsatzkräfte behinderte. Eine Tatsache, mit der man in Zeiten von „Handyreportern“ leider immer öfter konfrontiert werde, kommentierte SBI Schmidt abschließend. Der besondere Dank der Feuerwehren gilt Doris Nagel für die Bereitstellung ihres Grundstücks und Jenny Fassbender aus Bad Vilbel, die den Verletztendarstellern aufwändige Verletzungen aufschminkte.

Text und Bilder: Stephan Lutz

Die Bildergalerie zeigt Impressionen vom Ablauf der Florstädter Alarmübung auf dem Anwesen Nagel in Stammheim.

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